Seit 15 Jahren ist der Playboy in der Ukraine vertreten, elf davon ist Vlad Ivanenko Chefredakteur. Neben zehn Festangestellten arbeiten rund 30 Freelancer für das ukrainische Männermagazin – und beschäftigen sich dabei eigentlich mit den schönen Dingen im Leben. Sie sind es immerhin, um die es im Playboy geht. Für die der Playboy steht. Doch an schöne Dinge ist in der Ukraine gerade gar nicht zu denken. Wie alle anderen Menschen, Organisationen, Firmen und Marken sieht sich auch der Playboy in der Ukraine derzeit unvorstellbaren Umständen, Herausforderungen, Gefahren und Ängsten gegenüber.
Vlad Ivanenko, Chefredakteur Playboy Ukraine: „Die Show muss weitergehen. Aber in einer neuen Realität“
Wir erreichen Vlad Ivanenko in diesen Zeiten schriftlich. „Ich habe die Ukraine nicht verlassen“, schreibt er. „Ich konnte an einen relativ ruhigen, sicheren Ort gehen, wenn man das so sagen kann. Es läuft überhaupt nicht gut. Und es sieht nicht so aus, als würde es bald enden.“ Die ersten drei oder vier Tage hätte er darauf gewartet, aufzuwachen, sich den kalten Schweiß abzuwischen und sagen zu können, was das nur für ein schrecklicher Traum gewesen war. „Dann kam der Moment, in dem ich realisiert habe, dass dieser Krieg echt ist, und ich war schockiert. Jetzt bin ich an einem Punkt der Akzeptanz und eines Gefühls des Unumkehrbaren. Die Show muss weitergehen, wir müssen weitergehen. Aber in einer neuen Realität.“
Das betrifft auch die Arbeit, die unsere ukrainischen Kollegen selbst in diesen Zeiten nicht ruhen lassen. „Es gibt eine stillschweigende Vereinbarung mit den Aktionären, wonach wir die gedruckte Version ausgesetzt haben. Es ist noch nicht klar, für wie lange. Was die Online-Version betrifft, werden wir die Arbeit auf playboy.ua bald wieder aufnehmen.“ Kapitulieren will Ivanenko auf keinen Fall: „Wir werden ein so wunderbares Magazin nicht wegen eines Haufens Verrückter an der Macht einstellen.“
Vlad Ivanenko, Chefredakteur Playboy Ukraine: „Wir fragen uns jeden Morgen, ob alle am Leben sind“
Das Büro, in dem der ukrainische Playboy untergebracht war, gibt es laut Ivanenko nicht mehr: „Vor allem wegen des Krieges, den Russland 2014 in der Ukraine begonnen hat. Das hat sicherlich zu einer Krise in vielen Bereichen geführt, einschließlich Werbung und Verlagswesen.“ So koordiniert er sein Team aus der Ferne. Auch während der Corona-Pandemie arbeitete das Team remote. „Heute fragen wir uns jeden Morgen, ob alle am Leben sind. Ob alles okay ist.“
Auf die Frage, wie der Krieg die Themen des Magazins verändern wird, sagt er: „Wie alle wissen, war die Geschichte des Playboy von Anfang an reich an Ereignissen. Wir erlebten mehrere Kriege und globale Veränderungen der Prioritäten. Das Magazin wird immer in der einen oder anderen Form existieren. Themen wird es immer geben. Ich denke, es wird gezielt mehr unterhaltsame Inhalte geben. Im Allgemeinen haben die Menschen wahrscheinlich genug von Kriegen, Politik, Diktatoren, verrückten Führern oder aggressiven Ländern. Die Menschen brauchen Inseln der Ruhe und Sicherheit.“ Vom russischen Playboy ist die ukrainische Ausgabe übrigens unabhängig – lediglich Artikel und Fotostrecken wurden, wie bei vielen anderen Ausgaben auch, ausgetauscht.
Vlad Ivanenko, Chefredakteur Playboy Ukraine: „Ich wünsche mir, dass der vereinte Westen aufhört, zuzuschauen“
Er selbst hoffe und glaube, dass sich Gerechtigkeit durchsetzen werde und die Verantwortlichen verurteilt würden. „Ich wünsche mir, dass der vereinte Westen aufhört, zuzuschauen und nur tief besorgt zu sein. Dass er konkrete Schritte unternimmt, um die russische Aggression und Invasion zu beenden. Das hier ist keine Militäroperation, wie manche sagen, sondern ein Krieg im großen Stil“, schreibt der Chefredakteur. „Wir haben eine kleine Initiative organisiert: ‚Site of Humanitarian Media Headquarters From Ukraine‘. Hier haben wir uns zusammengeschlossen, um eine Medienzentrale in der Ukraine zu schaffen, die sich um Ehefrauen, Töchter und Mütter, Schwestern, unsere Kinder und Verwandten sorgt, die gezwungen wurden, aus der Ukraine zu fliehen.“
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