Moment – Anti-Street was? Die Anti-Street Harassment Week ist eine internationale Aktionswoche, die sich gegen „Street Harassment“ einsetzt. Dieser zugegeben etwas sperrige Begriff meint dabei Belästigungen im öffentlichen Raum, der Frauen, Menschen mit bestimmten sexuellen Orientierungen, Kulturen und Religionen oder auch Minderheiten leider immer noch häufiger ausgesetzt sind, als man 2022 meinen würde. Denn auch in unserer Zeit gibt es noch genug Menschen, die glauben, Frauen hinterherzupfeifen, ihnen im Club einfach an den Hintern zu packen oder Minderheiten abwertende Kommentare im Vorbeigehen zuzuwerfen sei okay. Dabei sind all das Handlungen, deretwegen sich Menschen unsicher und ständig in Alarmbereitschaft fühlen.
Die jährliche Anti-Street Harassment Week will Möglichkeiten teilen, wie Betroffene sich in diesen Situationen zur Wehr setzen können. Und sie will darauf aufmerksam machen, dass Situationen wie diese immer noch stattfinden. Dass sie für manche Menschen fest zum Alltag gehören. Wie kann man sich also verhalten, wenn man Situationen wie diese beobachtet? Wie kann man vorgehen, wenn man Zeuge einer Belästigung wird? Wie kann man bei Belästigung Zivilcourage beweisen und den Betroffenen helfen? Und wie kann man mit den eigenen Handlungen dafür sorgen, dass sich betroffene Menschen in ihrem Alltag grundsätzlich sicherer fühlen?
Keine Frage: Vieles davon ist für die meisten bereits selbstverständlich. Doch wenn es um Sicherheit im öffentlichen Raum geht, kommt es auf jede und jeden Einzelnen – und auf jede einzelne unserer Handlungen – an. Keine Frage ist auch: Wenn Sie das Gefühl haben, sich selbst in Gefahr zu bringen, rufen Sie Hilfe.
1. Sicherheit geben: Nachts die Straßenseite wechseln
Vielleicht haben Sie es schon einmal bemerkt: Sie haben nachts und/oder auf einer unbelebten Straße zufällig denselben Weg wie jemand vor Ihnen – und beobachten, dass diese Person zügiger geht, ständig das Handy herauszieht, versucht, jemanden anzurufen. Eindeutige Anzeichen dafür, dass sich die Person unwohl fühlt und nicht einschätzen kann, was hinter ihr gerade passiert. Klar, Sie wissen, dass alles gut ist. Die Person vor Ihnen weiß das nicht und ist vielleicht aufgrund unschöner Erfahrungen vorbelastet.
Spüren Sie das, ist die Handlung ganz einfach: Verlangsamen Sie Ihren Schritt und wechseln Sie die Straßenseite. Tut nicht weh, kostet nichts, gibt aber viel Sicherheit.
2. Sicherheit geben: Codewörter kennen
Hören Sie zufällig mit, wie eine Frau in einer Bar zum Barkeeper den Satz „Luisa ist hier“ sagt, bleiben Sie hellhörig und warten Sie ab, was passiert: Dieser Satz ist ein Code dafür, dass die Frau sich in ihrer aktuellen Situation – sei es mit ihrem Date, einer Person, die sie aufdringlich anspricht oder ähnliches – unwohl fühlt und alleine keinen Ausweg weiß. Viele Barkeeper kennen diesen Code-Satz und können dementsprechend reagieren – aber auch nicht jeder hat davon gehört. Hören Sie den codierten Hilferuf und bemerken, dass der Frau nicht geholfen wird: Fragen Sie sie vorsichtig, was sie braucht und wie Sie helfen können. Ein Taxi zu rufen oder ihr die Möglichkeit zu geben, in einem ruhigen Moment Freunde anzurufen, hilft oft schon enorm weiter. Oder erklären Sie dem Barkeeper kurz, was sie ihm mit dem Satz sagen möchte.
3. Sicherheit geben: Handzeichen kennen
Ende letzten Jahres machte eine 16-Jährige Schlagzeilen mit einem Handzeichen: Sie zeigte Fremden zunächst ihre Handfläche, klappte den Daumen ein und dann alle Finger nach unten, sodass eine Faust entstand. Dieses Handzeichen ging kurz vorher viral. Seit Beginn der Corona-Pandemie wird es von der Organisation für Frauenrechte „Canadian Women's Foundation“ verbreitet. In gefährlichen und bedrohlichen Situationen soll es einen unauffälligen Hilferuf signalisieren. Für das Mädchen in Amerika war das womöglich lebensrettend: Die 16-Jährige machte mit diesem Handzeichen darauf aufmerksam, dass sie gerade entführt wurde. Ein Fremder nahm die Geste im Vorbeifahren als ungewöhnlich wahr und verständigte die Polizei.
Funktionieren kann das natürlich nur, wenn man das Handzeichen auch erkennt. Deshalb ist es umso wichtiger, dass möglichst viele Menschen von der Bedeutung dieses Zeichens wissen – und handeln. Diese Handlung muss dabei nicht in jedem Fall sofort ein Anruf bei der Polizei sein, rät die Foundation. Meist helfe es schon, mit der Hilfe suchenden Person in einem sicheren Umfeld zu kommunizieren.
4. Sicherheit geben: Eingreifen
Belästigungen können für Außenstehende subtil vonstattengehen. Und meist ist die Situation so schnell wieder vorbei, dass man nicht einmal richtig wahrnehmen konnte, was eben passiert ist. Hat er ihr wirklich an den Po gegriffen? Wurde er gerade wirklich beleidigt? Weil auch für Betroffene die Situation schneller vorbei ist, als sie darüber nachdenken und reagieren können: Fragen Sie vorsichtig nach, ob alles in Ordnung ist oder eben etwas passiert ist. Das schenkt den Betroffenen Sichtbarkeit, Bestätigung und den Mut, darüber zu sprechen und vielleicht auch nachträglich zu reagieren.
5. Sicherheit geben: Maßnahmen vereinbaren
Trennen sich Wege zu später Uhrzeit, gehört es zur zwischenmenschlichen Etikette, die anderen Personen darum zu bitten, sich zu melden, wenn sie nachts an ihrem Ziel angekommen sind. Und es gehört zum Alltag, dass viele es vergessen, weil sie sofort zu Hause einschlafen oder der Handyakku unterwegs leer geht. Meistens ahnt man genau das und denkt nicht weiter darüber nacht. Auch im Rahmen des Möglichen ist aber: Es ist etwas passiert – und die Person meldet sich deswegen nicht. Sagen Sie ihr also beim nächsten Mal im gleichen Atemzug auch, was passiert, wenn sie sich nicht meldet. Etwa, dass Sie vorbeikommen und nachsehen oder direkt die Polizei verständigen. Das schenkt Sicherheit – und wird Ihnen im Falle des Falles mehr als gedankt.
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