„Los, gib mir noch drei Push-Ups, gleich hast du das Intervall geschafft!“, ruft mir der muskulöse Trainer auf dem Fernseh-Bildschirm entgegen, während ich keuchend in meinem Wohnzimmer auf einer Yoga-Matte stehend vor mich hin ächze. Auch wenn er das auf Englisch sagt – deutsch sind nur die Untertitel – weiß ich, dass es jetzt ums Ganze geht. Oben links im Bild läuft ein Timer ab. Noch zehn Sekunden und ich habe es geschafft. Vorerst.
Schweiß tropft von meinem Körper, mein Herz klopft schnell – genau 167 Mal in der Minute, wie ich sowohl auf dem TV als auch auf meiner mit ihm synchronisierten Apple Watch ablesen kann. Immerhin habe ich nach knapp 20 Minuten Training schon über 200 Kalorien verbrannt, deutlich mehr als der Durchschnitts-User. Da ruft der Trainer wieder: „Es geht jetzt weiter mit den Hanteln!“ Ich schnappe mir die Gewichte, die Pause ist vorbei.
Apple Watch und Apple Fitness+ im Test: Braucht es die Gadgets überhaupt?
Zugegeben, als die erste Apple Watch auf den Markt kam, ging es mir wie vielen anderen. Ich fragte mich, wer so einen kleinen Display am Handgelenk braucht, wo doch die Bildschirme der Smartphones von Generation zu Generation größer wurden. Ich dachte, die Apple Watch sei eine reine Spielerei und maximal ein Nischenprodukt für Technik-Nerds.
Heute, sechs Jahre später, ist allerdings nicht etwa Swatch oder Rolex der größte Uhrenhersteller der Welt. Nein, es ist besagter Technologiekonzern aus Cupertino. Er liefert Uhren mit absoluten Killer-Funktionen rund um Sport, Gesundheit und Fitness. Die Apple Watch begleitet uns tagtäglich, zählt unsere Schritte, misst unsere Herzfrequenz, sagt uns, wie viele Kilometer wir gelaufen sind und dass wir nach einem langen Videocall im Bürostuhl mal kurz aufstehen und durchatmen sollen.
Anlässlich der neuen Apple Watch Series 7 und dem damit verbundenen Launch von Apple Fitness+ konnte also selbst ich nicht mehr widerstehen und musste mir das Gerät und das Fitness-Abo einmal genauer ansehen. Dabei sollte ich vielleicht kurz erwähnen, dass ich mich eigentlich als großer Fan mechanischer Uhren verstehe und diverse Modelle von Rolex bis Patek Philippe mein Eigentum nenne. Ich trage meine Apple Watch daher nicht wie andere 24 Stunden am Tag, sondern meistens nur bei sportlichen Aktivitäten. Mein Test beschränkt sich daher auch auf diese, beziehungsweise auf den neuen Service Apple Fitness+.
Apple Watch und Apple Fitness+: Facettenreich und kinderleicht
Apple bietet den Service rund um Fitness+ erst seit Ende letzten Jahres in Deutschland an. Letztendlich ist das eine Art Abo-Modell für etwa 10 Euro im Monat, das Zugriff auf diverse Workouts bietet. Für Käufer einer neuen Apple Watch ist Apple Fitness+ die ersten drei Monate kostenlos.
Der Fokus von Apple Fitness+ liegt auf klassischen Workout-Sessions, die von Muskelaufbau über Core- oder HIIT-Trainings bis zur Meditationsrunde reichen. Das muss man sich wie ein Personal Training oder einen Kurs im Fitnessstudio vorstellen, nur dass man eben nicht live dabei ist, sondern dem Trainer coronakonform von zu Hause aus zusieht – auf dem Handy, Tablet oder dem Fernseher mittels Apple TV. Der Vorteil gegenüber regulären Workout-Videos, wie sie inzwischen in unendlichem Ausmaß auf Social-Media-Plattformen angeboten werden, ist natürlich die einfache Integration der Apple Watch. Und damit die Erfassung und Verarbeitung der persönlichen Daten von den verbrauchten Kalorien bis zur Herzfrequenz.
Insgesamt beinhaltet die Apple Fitness+ Bibliothek bereits über tausend solcher Workouts (Stand Mitte Januar), pro Woche kommen rund 25 weitere dazu. Besonders spannend finde ich, dass es auch besondere Nischenformate, wie beispielsweise spezielle Trainings für Schwangere, ältere Menschen oder auch Sportarten wie Skifahren oder Snowboard, gibt.
Einziges Manko bisher: Die Trainings-Sessions finden ausschließlich in englischer Sprache statt. Insbesondere bestimmte Begrifflichkeiten aus der Welt der Fitness-Studios waren mir oft nicht geläufig. Beim Nachturnen der Bewegungsabläufe macht das nicht so viel aus, schließlich sieht man auf dem Bildschirm genau, was der Trainer da vorturnt. Bei der Motivation, die gerade beim Personal Training doch nicht ganz unwichtig ist, dürfte es jedoch für den einen oder anderen, der der englischen Sprache nicht ganz so mächtig ist, einen kleinen Abstrich bedeuten.
Apple Watch und Apple Fitness+: Sporteln zu den Beatles und spazieren mit Supermodel Naomi Campbell
Des Weiteren spielt Apple bei seinem neuen Service Fitness+ auch seinen starken Draht in die Musikindustrie aus. So wurden eigene Workouts kreiert, die ausschließlich auf der Musik eines einzelnen Künstlers (zum Beispiel Lady Gaga, Jennifer Lopez, Imagine Dragons oder sogar den Beatles) basieren. Die Musik der einzelnen Workouts lässt sich dann später in Apple Music speichern oder in bestimmte Playlists übertragen. Klar ist aber, dass hier wieder das Apple-Prinzip greift: Jeder, der vollständig in der Apple-Welt verankert ist, kann seine Musik und Daten problemlos miteinander verknüpfen. Wer jedoch, wie ich, seine Musik über andere Dienste wie Spotify oder Deezer organisiert, kann diese Form der Integration leider nicht nutzen.
Was keinen direkten Workout-Bezug hat, aber trotzdem eine nette Idee ist, ist der Bereich „Time to Walk“. Hier kann man quasi einen Spaziergang mit einer prominenten Person wie Prince William, Jane Fonda oder Dolly Parton machen. Die Prominenten nehmen den Zuhörer dabei mit auf eine Reise zu einem besonderen Ort oder in eine bestimmte Zeit in ihrem Leben. So erzählt Naomi Campbell beispielsweise von ihrer ersten Begegnung mit Nelson Mandela. Das erinnert sehr an einen Podcast, soll aber dazu anregen, diesen nicht zu Hause auf der Couch, sondern im Rahmen eines Spaziergangs zu hören. Noch einen Schritt weiter geht der Bereich „Time to Run“. Hier nehmen mehr oder weniger berühmte Personal Trainer und Sportler den Zuhörer mit auf eine Jogging Tour durch ihre Lieblingsstadt oder -stadtteile, beispielsweise Miami, London oder Brooklyn.
Apple Watch und Apple Fitness+: Eine überraschende Bereicherung für die Uhrensammlung
Ich persönlich bin jedoch lieber bei den klassischen Workouts geblieben. Die habe ich über Apple Fitness+ hinaus mit anderen sportlichen Bausteinen wie Touren auf dem Hometrainer, Joggen im Park oder Tennismatches mit Freunden kombiniert.
Insbesondere als Hub gefällt mir die Apple Watch aber sehr gut. Sie bietet eine einfache und übersichtliche Möglichkeit, alle sportlichen Aktivitäten im Auge zu behalten und spornt mich gleichzeitig immer wieder an, nicht locker zu lassen und pro Woche noch ein weiteres Workout draufzulegen.
Ich kann also sagen: Trotz anfänglicher Zweifel werde ich die Apple Watch definitiv in meine Uhrensammlung einreihen. Gerade in den Bereichen Sport und Fitness bietet sie mir mit Apple Fitness+ einen deutlichen Mehrwert, den ein mechanischer Chronometer leider nicht leisten kann.
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