Inhalt
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Was man da denn eigentlich schon wieder schreiben wolle und dass er so was doch gar nicht mehr gern mache, grantelt er, während er einem gleichzeitig den Stuhl in die wärmende Mittagssonne des Hofgartens rückt und galant ein Wasser einschenkt. Charles Schumann ist nicht nur der Erfinder einiger weltbekannter Cocktails, sondern auch einer recht speziellen Art herzlicher Schroffheit, die er seit vielen Jahren in seinem Bar-Refugium zelebriert. „Er mag mich einfach nicht“, klagt deshalb der Stammgast, dem Schumann über zwei Tische hinweg gerade noch eine kleine Beleidigung hingeraunzt hat, nur mit schlecht gespieltem Bedauern. Denn klar ist: Wer hier angeblafft wird, den mag er eigentlich sehr wohl, „der Charles“. Bürgerlich Karl Georg Schuhmann, Chef der legendären Münchner „Schumann’s Bar“, Vielreisender, Freizeit-Boxer, Japan-Liebhaber und ehemaliges Baldessarini-Model. „Separates the men from the boys“ lautete der Werbespruch, der neben den Aufnahmen von ihm prangte – und noch immer scheint er genau die richtige Instanz zu sein, um derlei Themen zu verhandeln. Obwohl er vor einiger Zeit 80 geworden ist. Ein Detail, das er selbst allerdings lieber unter den Tresen fallen lassen würde.
Herr Schumann, Sie sind vor ein paar Wochen 80 geworden – herzlichen Glückwunsch nachträglich.
Auch das noch.
Wurde der Tag hier in der Bar groß gefeiert oder übergangen?
Geburtstage spielen für mich keine Rolle. Nur den 77. habe ich richtig gefeiert. In Tokio, wo man Geburtstage mit geraden Zahlen gar nicht mag. 80, das interessiert mich nicht.
Für die Presse war das Jubiläum zumindest Anlass, Sie mit großen Porträts zu ehren.
Weil es so etwas eigentlich gar nicht mehr gibt, dass jemand so lange eine Bar macht. Ich bin immer noch jeden Tag da, bin neugierig und gebe mir immer noch jeden Tag Mühe. Die Japaner sagen: Wer Weiß trägt, der hat die Verantwortung. Und wir tragen Weiß.
„Ich bin immer noch ein bisschen traurig, dass in Bars nicht mehr geraucht werden darf“
Als Sie selbst in jungen Jahren angefangen haben, als Barkeeper zu arbeiten, hatten Sie da ein Vorbild? Jemand, der war wie Sie heute?
Die einzigen Vorbilder, die wir damals hatten, waren aus der Literatur. Deshalb haben wir gedacht, Saufen ist unbedingt notwendig. Trinken und Rauchen gehörten für uns selbstverständlich zu einer Bar-Atmosphäre. Da gab es viele Vorbilder, die so dachten und schrieben. Ich bin immer noch ein bisschen traurig, dass in Bars nicht mehr geraucht werden darf, obwohl ich selber auch nicht mehr rauche. Weil ich denke, das ist so ein Mythos, den wir nie ganz abgebaut haben.
Aber was Sie geschaffen haben, geht längst über „Saufen und Rauchen“ hinaus: Sie gelten als Übervater der Barkultur, Menschen aus der ganzen Welt pilgern in Ihre „Schumann’s Bar“ am Münchner Odeonsplatz, vor ein paar Jahren waren Sie Protagonist eines Kinofilms.
Dabei wollte ich nie eine eigene Bar haben. Und ich habe das auch nicht gemacht, um damit berühmt zu werden. Ich habe damals angefangen, in der Gastronomie zu arbeiten, weil ich mein Studium damit finanzieren musste. Irgendwann habe ich gemerkt, dass es das Einzige ist, das ich machen kann, um gut zu überleben. Ich habe allerdings nie nach dem ganz großen Geld gestrebt, sonst hätten wir unseren Betrieb anders aufgezogen. Wir haben uns ja auch nie vermehrt, obwohl ich Angebote aus der ganzen Welt bekommen habe, Bars aufzumachen. Nur ein „Schumann’s“-Haus in Japan haben wir inzwischen. Kennen Sie das?
Ich habe davon gelesen.
Das macht eine wunderbare Frau, meine Seelenverwandte, die ewig für uns gearbeitet hat und inzwischen auch noch perfekt Japanisch spricht. Sie ist die erste Nicht-Japanerin, die Kaiseki-Küche (eine japanische Hochküche, Anm. d. Red.) kochen und die japanische Tee-Zeremonie lehren darf. Das ist großartig.
Auch wenn es um die Nachfolge Ihrer Münchner Bar geht, haben Sie in letzter Zeit immer wieder davon gesprochen, dass Sie sich eine Frau mit in die Verantwortung wünschen.
Ich denke, dass wir ein paar Frauen in der Spitze brauchen, damit die Männer nicht so „frech“ sind. Ich glaube, wenn Frauen und Männer das gemeinsam machen, ist das ausgeglichener, dann ist der Respekt größer.
Welche sind für Sie die schönsten Tage im „Schumann’s“?
Die, an denen wir erst am Abend aufmachen und ich ganz alleine hier im Hofgarten sitze und lese. Der Sonntag ist wunderbar. Ich bin ein fanatischer Zeitungs- und Papiermensch und schaffe es einfach nicht, etwas davon wegzuwerfen.
Das heißt, bei Ihnen zu Hause stapelt es sich?
Überall. Ich habe 200 Anzüge, weil ich ja so lange in der Mode gearbeitet habe. Und auch von denen werfe ich keinen weg, obwohl ich immer die gleichen fünf anziehe. Dann habe ich da ein Klavier stehen, auf dem ich leider nicht mehr so viel spiele, weil ich nachts, wenn ich nach Hause komme, zu müde bin und dabei einschlafe. Und dann habe ich überall Bücher. Von der Bar bis zur Toilette bis ins Schlafzimmer, Bücher ohne Ende.
Gehen Sie eigentlich immer noch samstags zum Fußballspielen in den Englischen Garten?
Das habe ich aufgehört, weil es mir zu viel Zeit nimmt. Du kannst nicht schnell mal eine halbe Stunde Fußball spielen, beim Boxtraining und beim Laufen dagegen kann ich das sehr wohl machen. Und dann wurde da auch immer mehr gestritten. Je älter die Menschen werden, wenn sie Teamsport machen, umso mehr streiten sie und beschimpfen sich. Manchmal kam es fast zu Handgreiflichkeiten, das brauche ich wirklich nicht.
Welches Jahrzehnt war für Sie persönlich das schwerste in der langen „Schumann’s“-Laufbahn?
Es war oft wirklich schwierig. Als wir drüben aufgemacht haben (Schumann betrieb in den 80er- und 90er-Jahren zunächst eine Bar an der Münchner Maximilianstraße, bevor er 2003 in die größeren Räume am Odeonsplatz umsiedelte, Anm. d. Red.), habe ich jahrelang mit einem Partner gearbeitet, der nur zum Geldzählen kam, und plötzlich waren wir fast pleite. Dann sind wir hierher umgezogen, und die Bank hat meinen Mitarbeiter gefragt: „Kennt der Herr Schumann überhaupt seine Geburtsurkunde?“ Weil man sich mit über 60 eigentlich nicht so eine große Aufgabe anhängt. Es war alles nicht so einfach und wird auch nicht einfacher werden. Corona wird nicht verschwinden, und die Leute passen weniger auf sich auf. Es ist schwer, da eine Linie reinzubringen. Es wird keine bessere Zeit kommen, trotzdem werden wir versuchen, irgendwie unser Bestes zu geben.
Was war das Wichtigste, das die Corona-Zeit Sie bislang gelehrt hat?
Mich hat empört, dass man viele Leute alleingelassen hat. Und zwar diejenigen, die die Verantwortung übernehmen mussten. Dazu gehört auch die Polizei. Es ist unglaublich, wie teilweise Corona-Gegner und andere Idioten gegen die Polizei vorgegangen sind. Ich war selbst mal bei der Polizei, und wenn ich noch im Dienst gewesen wäre, wüsste ich nicht, ob ich mich immer hätte so zurücknehmen können, wie die das gemacht haben. Ich habe da große Bewunderung.
Mit Ihrer Zeit bei der Polizei meinen Sie Ihren Dienst beim Bundesgrenzschutz?
Ja, für die damalige Zeit gehörte ich zu den etwas größeren Menschen, deshalb habe ich mich beim Bundesgrenzschutz beworben und war dann über ein Jahr lang in Bonn beim Wachbataillon.
Sie waren Personenschützer von Konrad Adenauer, richtig?
Wir haben seine Villa und seinen Garten bewacht. Wenn irgendein berühmter Politiker gekommen ist, dann haben wir ein bisschen mehr aufgepasst. Aber sonst haben wir viel Spaß gehabt und sind an unseren freien Tagen zum Trinken gefahren.
In dieser Zeit haben Sie also begonnen, sich fürs Ausgehen und stilvolle Trinken zu interessieren?
Nein, ich bin kein Ausgeher, und ich bin auch kein stilvoller Trinker. Also, ich trinke schon aus Genuss. Ich mag wahnsinnig gerne Bier. Und Kaffee – wobei ich nicht weiß, ob das noch Genuss ist, wenn man sieben Tassen am Tag trinkt. Das ist schon fast eine Sucht.
„Ein bisschen überschätzt finde ich diese neue Art, Drinks zu machen. Dass Barkeeper sich nicht mehr Barkeeper nennen, sondern Mixologen“
Und bei den alkoholischen Getränken? Was mögen Sie außer Bier?
Ich trinke wenig. Im Sommer, wenn es richtig heiß ist, mal einen Cocktail. Oder mal zwei Gläser Champagner – aber auf Eis. Also eine Champagner-Schorle.
Was ist Ihrer Meinung nach der meist-überschätzte Drink unserer Zeit?
Da bin ich wirklich der schlechteste Ratgeber überhaupt. Weil ich dazu, wie gesagt, zu wenig trinke. Ein bisschen überschätzt finde ich diese neue Art, Drinks zu machen. Dass Barkeeper sich nicht mehr Barkeeper nennen, sondern Mixologen. Gestern habe ich mit einem gesprochen, der sich Alchemist nennt. Dann soll er in der Apotheke arbeiten, oder?
Das ist alles Firlefanz, meinen Sie?
Das Wichtigste an unserem Beruf ist etwas anderes. Das Wichtigste ist Gastfreundschaft, Hospitality. Da reden zwar alle darüber, aber in den meisten Fällen verhalten sich die Menschen anders. Weil wir einfach alle zu große Egoisten sind. Im alten „Schumann’s“ gab es Spiegel hinter der Bar, und viele meiner gut aussehenden Mitarbeiter, die ich immer hatte, haben sich darin ständig betrachtet, wie cool sie heute aussehen. Deshalb habe ich gesagt, in die neue Bar kommt kein Spiegel rein!
Weil man als guter Gastgeber nicht eitel sein darf?
Kann man schon, aber man muss trotzdem zuhören können. Und darf nicht doof sein. Ein guter Gastgeber ist nicht nur jemand, der perfekt das Glas hinstellt, sondern einer, der auch weiß, wann er da sein soll und wann er nicht da sein soll. Aber weil meine Mitarbeiter und ich viele unserer Gäste schon so lange kennen, sind wir natürlich viel zu nah an ihnen dran.
„Du kannst doch den Gast nicht zudichten mit irgendeinem Schmarrn“
Und das ist ein Fehler, meinen Sie?
Ein absoluter Fehler. Du kannst doch den Gast nicht zudichten mit irgendeinem Schmarrn.
Hat man als Barkeeper eine Schweigepflicht wie ein Arzt oder Pfarrer?
Natürlich. Ich finde es ganz schrecklich, wenn Barleute über ihre Gäste reden. Das macht man nicht.
Welche Gäste sind Ihnen generell die angenehmsten?
Solche, die die Bar brauchen, aber sie nicht benutzen. Wer hier herkommt, nur weil er glaubt, irgendeine schnelle Bekanntschaft machen zu können, der interessiert mich nicht. Klar, lernt man mal jemanden kennen. Aber dass hier Frauen komisch angemacht oder gar belästigt werden, das wollen wir nicht, da gehen wir ganz strikt dagegen vor. In der alten Bar gab es kaum Frauen, die sich alleine hineintrauten, aber heute ist das selbstverständlich.
Wie lange am Stück halten Sie es eigentlich ohne das „Schumann’s“ aus?
Ich kann sofort gehen. Das glaubt zwar niemand, aber ich brauche das wirklich nicht mehr. Ich sage Ihnen was, wenn das alles hier abbrennen würde – ich würde nicht zurückkommen. Dann würde ich einfach noch weiter reisen.
Bei Ihren Reisen zieht es Sie immer wieder ans Meer. Warum fasziniert Sie das so sehr?
Weil mich das Meer einfach mehr erfrischt als die Berge. Ich würde jetzt nicht die Zugspitze hochklettern, das finde ich total blöd.
Angenommen, hier direkt hinter der Ludwigstraße würde der Atlantik anfangen – wäre dann das „Schumann’s“ für Sie der perfekteste Ort auf der ganzen Welt?
Nein, wäre es auch nicht. Weil ich denke, diesen perfekten Ort gibt es gar nicht. Aber vielleicht finde ich zumindest irgendwann mal den Ort, von dem ich sage, da bleibe ich jetzt.
Das, was jetzt nach der 80 kommt: Freuen Sie sich da drauf, oder macht Ihnen das manchmal auch Angst?
Ich denke nicht daran. Natürlich ist mir unterbewusst klar, dass die Zeit begrenzt ist. Aber dafür muss man nicht unbedingt 80 werden, das weiß man einfach.
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