Bier auf Wein, das lass sein? Das steckt laut Studie hinter der Volksweisheit
Credit: IMAGO / Prod.DB
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So gut wie jeder erwachsene Mensch, der sich schon einmal ein paar Drinks über den Durst genehmigt hat, hat sich am nächsten Tag im Bett, während der Kater gegen die Schläfen donnert, gefragt: Wie konnte es so weit kommen? Habe ich echt so viel getrunken? Oder hätte ich die Alkoholsorten einfach nicht durchmischen sollen? Vor allem die letzte Frage ist interessant. Besteht nicht längst die gemeinhin bekannte Annahme: „Bier auf Wein, das lass sein.“
Doch stimmt es wirklich, dass das (falsche) Durchmischen von Alkoholsorten eher zu einem Kater führt, als wenn man den ganzen Abend zum Beispiel nur bei Bier bleibt? Eine Gruppe aus Forschern der University of Cambridge versuchte, diese Frage im Rahmen einer Studie zu beantworten – und hat 90 Probanden zwischen 19 und 49 Jahren dazu eingeladen, sich im Namen der Wissenschaft ordentlich die Kante zu geben.
Dabei lief das Experiment des Teams um Kai Hensel folgendermaßen ab: Die Wissenschaftler unterteilten die Teilnehmer zunächst in drei Gruppen mit gleichem Geschlecht sowie ähnlichem Body-Mass-Index und Trinkverhalten. Anschließend wurden die 90 Probanden durchgemischt und erneut in drei Gruppen aufgeteilt, damit die Ergebnisse beziehungsweise Unterschiede deutlicher erkennbar sind. Und dann ging es los: Jeder Teilnehmer sollte so lange Alkohol konsumieren, bis er oder sie 1,1 Promille im Blut hatte.
Am ersten Abend trank die erste Gruppe zunächst Bier und anschließend Weißwein, am zweiten Abend wurde die Reihenfolge dann umgedreht. Die zweite Gruppe fing dementsprechend erst mit Wein und dann mit Bier an, bevor sie an Abend zwei mit dem Hopfentrunk startete. Als Kontrollgruppe fungierte die dritte Gruppe, die an beiden Tagen nur eines der Getränke zu sich nahm. Dabei achteten die Wissenschaftler stets darauf, dass die Testpersonen den gleichen Voraussetzungen unterlagen: So erhielten alle die gleichen Mahlzeiten, die an Alter und Geschlecht angepasst waren. Vor dem Schlafengehen bekam jeder eine angepasste Menge Wasser – nämlich sechs Milliliter pro Kilogramm Körpergewicht. Und sie alle schliefen in der gleichen Unterkunft und wurden parallel geweckt.
Nach dem Aufwachen mussten die Probanden schließlich anhand von acht körperlichen Symptomen wie Müdigkeit, Schwindel und Übelkeit ihren Kater auf einer Skala von null bis sieben bewerten. Die Angaben wurden anschließend von den Wissenschaftlern um Kai Hensel analysiert.
Das Ergebnisse der Studie, die im American Journal of Clinical Nutrition veröffentlicht wurden, waren eindeutig: Die „Bier auf Wein“-Voksweisheit ist ein Mythos! Die Reihenfolge der Alkoholsorten hat keinen Einfluss auf den Kater. Nur die Menge ist entscheidend, wie schlecht es uns am Tag nach dem Trinken geht.
In Hinblick auf den Ursprung des „Bier auf Wein, das lass sein“-Spruchs ist das Ergebnis der Studie auch wenig überraschend. So stammt die Volksweisheit aus dem Mittelalter und hat ausschließlich etwas mit dem sozialen Status der beiden Getränke zu tun. Bier war günstiger, weshalb es hauptsächlich vom gemeinen Volk konsumiert wurde. Wein hingegen war teuer und dementsprechend das Getränk des Adels. Der Traubensaft war also ein Statussymbol. Wer Wein trank, war oben in der Gesellschaft angekommen. Umgekehrt galt für Bier: Wer das trinkt, gehört zum Pöbel. Und wer von Wein auf Bier umsteigen musste, ist in der sozialen Hierarchie offenbar abgestiegen. Somit erklärt sich auch die andere, etwas weniger bekannte Volksweisheit: „Wein auf Bier, das lob' ich mir!“