Bordeaux gilt vielen Weinkennern als bestes Weinbaugebiet, zumindest aber als das wahrscheinlich teuerste. Seit Urzeiten kultivieren und lesen die Bewohner im Südwesten Frankreichs Trauben und verwandeln sie in berauschende Luxus-getränke. Cédric Pla von Castel erklärt uns den „Mythos Bordeaux“.
Herr Pla, was macht Bordeaux so populär wie kein anderes Weingebiet?
Vor allem die Qualität des Bodens: Egal, ob „Rive gauche“ oder „Rive droite“, also linkes oder rechtes Ufer der Flüsse Garonne oder Gironde, überall wird sehr gute Qualität hergestellt. Die Châteaus, wie bei uns die Weingüter heißen, haben weltweit eine unglaubliche Marke aufbauen können.
Weil schon seit Jahrtausenden in der Region Wein angebaut wird?
Genau. Zu der langen Geschichte des Weinbaus kommt die von Bordeaux als Hafenstadt. Der Wein konnte in die ganze Welt verschifft werden.
Wie schmeckt typischer Bordeaux?
Sehr kräftig, mit starker Frucht und lang anhaltendem Geschmack auf der Zunge. Bordeaux ist eine Cuvée, aus der besonders die beiden Sorten Merlot und Cabernet Sauvignon herausragen. In der Flasche kann er sehr alt werden.
Was macht Bordeaux so beliebt für Feste und Feiertage?
Sicher auch die Reputation: Bordeaux gilt als besonderer Wein, den man zu speziellen Anlässen gerne mit Freunden und Familie teilt. Eine große Rolle spielt aber auch das Essen, das an Festtagen aufgetischt wird: sehr fein ausgearbeitete Menüs mit starken Aromen und viel Geschmack. Dazu passt Bordeaux natürlich sehr gut, denn beim Food-Pairing sollten Essen und Trinken eine gewisse Parallelität besitzen.
Welche Speisen eignen sich besonders als Bordeaux-Begleiter?
Das ist gar nicht so eindeutig zu beantworten, weil es in der Region große Unterschiede gibt. Reife Weine passen sehr gut zu rotem Fleisch und dunkler Sauce – ich denke da zum Beispiel an ein Entrecote-Steak in Rotweinsauce. Weißer Bordeaux, den viele gar nicht kennen, ist dagegen extrem frisch und passt perfekt zu Ziegenkäse. Leichtere Weine können Sie auch sehr gut vor dem eigentlichen Dinner servieren, vielleicht mit feinem Fingerfood.
Leichter Bordeaux – ist das nicht ein Widerspruch?
Überhaupt nicht. Über die letzten fünf bis zehn Jahre ist damit in der Region ein ganz neuer Wein-Typ entstanden.
Woher kommt dieser Trend zur neuen Leichtigkeit des Weins?
Das liegt daran, dass sich der Weinkonsum insgesamt verändert. Traditionell wurde Wein zum Essen getrunken. Mittlerweile trinken ihn immer mehr völlig losgelöst davon, in Bars oder auf Partys. Bordeaux und auch andere Regionen passen sich daran an.
Wie wird man als Neuling zum Bordeaux-Experten?
Zunächst muss man wissen, dass die Region in unzählige Appellationen unterteilt ist. Als Anfänger starten Sie am besten in Côtes des Bordeaux, dort sind die Weine etwas günstiger, haben aber trotzdem die typischen Charakteristiken, sind sehr kräftig und fruchtig. Danach können Sie Appellationen probieren wie Saint-Émilion oder Médoc. Versuchen Sie, die Unterschiede herauszuschmecken.
Wie viel kostet ein guter Bordeaux?
Mindestens fünf Euro, aber es können auch mehrere Tausend sein. Grundsätzlich muss man sagen: Bordeaux ist nicht billig, dafür ist das Terroir zu gut.
Wie wichtig ist es, nach bestimmten Jahrgängen zu suchen?
Sehr! In Bordeaux können sich die klimatischen Verhältnisse von einem zum anderen Jahr drastisch verändern. Sehr gute Winzer sortieren in schlechten Jahren viel mehr aus, erzeugen deshalb geringere Mengen an Wein, können dafür aber die Qualität halten.
Welche waren zuletzt die besten Jahre?
2009, 2010, 2015, 2016 und 2019. Da gab es viel Sonne und nicht zu viel Regen. Der Wein konnte früh und viel wachsen, sodass wir genau zur richtigen Zeit ernten konnten. In jedem dieser Jahre gab es eine großartige Qualität – und viel davon.
Hat der Klimawandel Auswirkungen?
Ja, sehr deutliche. Cabernet Sauvignon zum Beispiel ist viel früher reif und hat noch stärkeres Tannin. Auch der Alkoholanteil wird höher. Das sind teilweise positive Auswirkungen – sie bedeuten aber auch viel Arbeit, denn wir müssen uns an diese neuen Bedingungen anpassen. Der bekannte Charakter des Bordeaux soll ja gewahrt werden. Wir lesen den Wein also durchschnittlich rund eine Woche früher als vor zehn Jahren.
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