Sein Kleidungsstil entsprach stets seinem Schreibstil: elegant, ironisch, herausstechend. So trug der Doktor der Philologie am liebsten im Winter Weiß, wenn alle Welt sich warm anzog. Sein Auftreten: ein formvollendeter, entwaffnender Kommentar auf seine Umwelt. Die Botschaft: Sag und trag mit größter Akkuratesse, was dir passt - gleichgültig, ob es anderen passt.
Spätestens seit seinem Weltbestseller „Fegefeuer der Eitelkeiten" galt Wolfe als fester Teil des Literatur-Olymps. Doch auch mit seinen unzähligen Essays meldete sich der Ausnahme-Literat pointiert, immer aber auch provokant zu Wort.
Tom Wolfe und Hugh Hefner
Wolfe war einer der ganz großen amerikanischen Gesellschafts-Spötter. Doch würdigte er Hefner mit den Worten: "Hefners Genie bestand darin, aus dem orthodoxen Status-Wettbewerb auszubrechen und mit Geld und Technologie sein Zuhause in eine Bühne zu verwandeln und so zum unumstrittenen König zu werden."
Für seine Essay-Sammlung „The Pump House Gang“ verfasste er auch eine Story über Hugh Hefner und den Playboy. Mit Hugh Hefner verbrachte er besonders Mitte der 60er Jahre viel Zeit. Er verglich den Playboy-Gründer mit „The Great Gatsby“ und nannte Hefners legendäres Rundbett „Zentrum der Welt“. Dennoch würdigte er den Playboy auch schon mal als „Einhand-Magazin“ herab.
Scharfe Kritik an einen scharfen Kritiker
Wolfe hatte millionenfach verkaufte und erfolgreich verfilmte Bücher sowie treue Fans auf der einen Seite, erntete jedoch oftmals scharfe Kritik des literarischen Establishments auf der anderen.
„Massenunterhaltung" sahen Größen der amerikanischen Literatur wie Norman Mailer und John Updike in seinen Werken. Sogar John Irving lästerte über die „Geschwätzigkeit" seines Kollegen und erklärte sich unfähig, Wolfes ersten Roman zu Ende zu lesen.
Eine Ohrfeige für den vermeintlich objektiven Journalismus
Wolfe begründete zusammen mit Truman Capote, Norman Mailer und Hunter S. Thompson den "New Journalism" - einen literarischen Reportagestil, der den subjektiven Blick und Dramatik in die Berichterstattung einführte. Eine Ohrfeige für den vermeintlich objektiven Journalismus. Wolfe war berüchtigt für seine beißende Gesellschaftskritik wie in "Fegefeuer der Eitelkeiten" - einem seiner drei Topseller-Romane neben "Ein ganzer Kerl" und "Ich bin Charlotte Simmons".
Als still und zurückhaltend galt Wolfe nicht – er polarisierte gerne. Immer wieder meldete er sich streitlustig mit seinen Essays zu Wort. „Wenn die meisten Schriftsteller ehrlich mit sich selbst wären, würden sie zugeben, dass sie nur das erreichen wollen: Vorher nahm sie niemand wahr, jetzt schon", schrieb Wolfe, als ihm der "Guardian" unterstellt hatte, Amerikas größter "Satz-für-Satz-Angeber" zu sein.
Der Weg zum Journalisten
Geboren wurde Wolfe in Richmond im US-Bundesstaat Virginia in eine reiche Professoren- und Plantagenbesitzer-Familie. Seine Mutter führte ihn in die Künste ein, ließ den kleinen Tom in Ballett- und Stepptanz ausbilden, zeichnete und las viel mit ihm. Kaum neun, soll der Junge versucht haben, eine Biografie über Napoleon sowie einen illustrierten Band über Mozarts Leben zu schreiben. Er studierte an der Elite-Universität Yale und bewarb sich dann als Journalist.
„Ich habe mehr als hundert Bewerbungen an Zeitungen geschrieben", erzählte er einst der „Paris Review". „Drei Antworten habe ich bekommen. Zwei Absagen." Die „Springfield Union" in Massachusetts stellte ihn an.
Über einige andere Zeitungsjobs landete Wolfe schließlich in New York und bei der Belletristik. „Acht Monate lang saß ich jeden Tag an meiner Schreibmaschine und wollte das „Fegefeuer der Eitelkeiten" anfangen und nichts passierte. Mir wurde klar, dass ich es nur schaffen kann, wenn ich mir eine Abgabefrist setze."
„Der größte Spaß am Schreiben ist das Entdecken"
Das Werk über die Geldgier von Wall-Street-Bankern und Kredithaien erschien Mitte der 80er Jahre zunächst als Fortsetzungsroman in der Zeitschrift „Rolling Stone" und wurde dann als eigenständiger Roman ein Welterfolg und mit Tom Hanks, Melanie Griffith und Bruce Willis verfilmt.
Die Selbstzweifel seien geblieben, sagte der zweifache Vater Wolfe, der mit seiner Frau im 14. Stock eines eleganten Appartementhauses direkt am Central Park wohnte. „Man geht jeden Abend ins Bett und denkt, dass man die brillantesten Seiten aller Zeiten geschrieben hat, und am nächsten Tag merkst du, dass es nur Gefasel ist. Manchmal auch erst sechs Monate später. Das ist eine konstante Gefahr." Trotzdem sei ihm die Lust an seinem Job nie vergangen, sagte er einmal in einem Interview. „Der größte Spaß am Schreiben ist das Entdecken."
(dpa/mm)