Playboy: Herr Domenig, wo gibt’s den besten Whisky?
Thomas Domenig: Viele würden natürlich Schottland nennen. Der schottische Whisky hat sich in den letzten 100 Jahren ein großes Renommee aufgebaut und gilt international als Benchmark. Das war aber nicht immer so. Um 1900 herum war der irische Whiskey viel begehrter. Der fiel unter anderem der irischen Unabhängigkeit und der amerikanischen Prohibition zum Opfer – damit waren mit England und den USA die zwei wichtigsten Märkte weg. Profitieren könnte er jetzt allerdings wieder vom Brexit, der den schottischen Whisky deutlich teurer machen könnte.
In den letzten Jahren wird Whisky aus Japan als Nonplusultra gepriesen, zu Recht?
Qualitativ steht er sicher an der Spitze, was mit der langen Brenntradition im Land zu tun hat. Ein bisschen ist das aber auch ein Hype, befeuert davon, dass es nur geringe Mengen auf dem Markt gibt. Japan ist für seine Malts berühmt – und die brauchen eben Jahre, um zu reifen. Geschmacklich sind japanische Whiskys eher zurückhaltend, denn Balance ist in Japan sehr wichtig. Für Whisky-Liebhaber ist das oft zu brav. Es wären perfekte Einsteiger-Whiskys, wären die Preise nicht so hoch.
Was empfehlen Sie Fortgeschrittenen?
Persönlich habe ich eine große Vorliebe für den US-amerikanischen Whiskey. Den Bourbons, Tennessees und Ryes hat das Wiederaufkommen der Barkultur einen enormen Push gegeben. Man kann sie pur trinken oder mixen, sie machen Spaß und sind nicht zu verkopft.
Wie unterscheiden sie sich zum Beispiel von den Schotten?
Vor allem durch die Fässer. In Schottland und anderen Ländern außerhalb der USA werden gebrauchte Fässer verwendet, in denen der Whisky sehr lange liegen kann, ohne zu holzig zu werden. In den USA dagegen wurde vorgeschrieben, dass ausschließlich neue, ausgekohlte Eichenfässer verwendet werden dürfen. Das war in den 30er-Jahren eine Maßnahme, um die Wirtschaft anzukurbeln, hat sich dann aber zum eigenen Stil entwickelt, denn diese neuen Fässer geben enorm viel Geschmack ab.
Wie sind kanadische Whiskys?
Wie die US-Amerikaner stellen auch die Kanadier bereits seit 200 Jahren Whisky her – schreiben ihn aber ohne das amerikanische „e“. Oft wird den Kanadiern ein sehr hoher Roggenanteil nachgesagt, was ihn würziger macht, das gilt aber nicht für alle Destillate. Es gibt nicht den einen kanadischen Stil, auch weil der Whisky hier weniger Restriktionen unterliegt.
Auch Indien oder Indonesien sind große Whisky-Trinker-Nationen – warum hören wir davon nicht so viel in Europa?
Weil die südostasiatischen Whiskys oft qualitativ nicht mithalten können – und nach europäischen Vorschriften meist gar keine Whiskys sind. Ein Geheimtipp ist aber Taiwan mit der Kavalan-Destillerie. Klimatisch bedingt, haben wir dort einen extrem hohen Angels’ Share, eine starke Verdunstung. Dadurch ist das Destillat sehr konzentriert und robust.
In welchen Ländern sollten sich experimentierfreudige Whisky-Fans sonst umschauen?
In Skandinavien und in Frankreich, auch in Australien gibt es gerade eine Entwicklung. Generell sind das Länder, in denen die passenden Getreidearten wachsen.
So wie bei uns im deutschsprachigen Raum?
Genau, auch in Deutschland, Österreich und der Schweiz tut sich momentan sehr viel – und hier muss man unterscheiden: Sind es spezialisierte Whiskybrenner, oder sind es Obstbrand-Brenner, bei denen die nächste Generation einsteigt, die was Neues machen will – oder die voraussieht, dass sie wegen des Klimawandels das lokale Obst bald nicht mehr in der gewohnten Qualität bekommt und deshalb schon mal auf Getreide umsteigt? Hier gibt es sehr spannende Ergebnisse, aber auch viel Blödsinn.
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