Dass der Dreh von Sex-Szenen um einiges weniger erotisch ist, als es später im Film rüberkommt, ist kein Geheimnis. Während die Darsteller (scheinbar) intim werden, steht schließlich die gesamte Crew um sie, während grelle Lichter und mehrere Kameras direkt auf sie gerichtet sind. Kein Wunder, dass sich damit auch erfahrene Schauspieler jedes Mal aufs Neue schwer tun.
Um ihnen die Arbeit angenehmer zu machen, hat der amerikanische Sender HBO (der unter anderem die extrem erfolgreiche Serie Game of Thrones produziert) angekündigt, in Zukunft mit "Intimitätskoordinatoren" (engl. Intimacy Coordinators) zu arbeiten. Diese Koordinatoren seien an den Film- und Serien-Sets dafür zuständig, jede Sex-Szene des Netzwerks zu überwachen.
Dabei geht es aber nicht darum, die Szenen zu koordinieren, zu planen oder nach seinem eigenen Geschmack zu gestalten – die Intimitärskoordinatoren fungieren vielmehr als Verteidiger der Schauspieler und Schauspielerinnen. Als Ansprechpartner geben sie deren Anliegen an die Regisseure weiter und sind dafür zuständig, dass sich die Darsteller am Set wohlfühlen und während der Dreharbeiten angemessen verdeckt sind.
Sicherheit am Arbeitsplatz
Initiiert wurde das Ganze von einer Schauspielerin selbst. Denn auch Emily Maede spürte noch immer Unbehagen, wenn am Set eine Sexszene auf sie wartete. Und obwohl sie schon seit Jahren solche Szenen dreht, fühlte sie sich dabei noch immer unwohl und alleingelassen. Denn wenn sie Bedenken hatte, sich unwohl oder in den Pausen zwischen den Aufnahmen zu nackt fühlte – körperlich oder emotional – hätte sie das vor dem gesamten Team ansprechen müssen.
Als es ihre Rolle als Prostituierte in der Serie "The Deuce" erneut erforderte, Sexszenen zu drehen, bat sie den Sender HBO, eine zuständige Person dafür einzustellen, die sich während der Dreharbeiten um sie kümmern würde. HBO holte daraufhin Alicia Rodis, eine Mitbegründerin der Non-Profit-Organisation Intimacy Directors International, ans Set.
Die Organisation wurde extra für diese Anliegen gegründet. Von nun an wich Alicia Rodis Emily Meade nicht mehr von der Seite, beobachtete den Monitor während des Drehs, half ihr, wenn es nötig war und leitete Meades Bedenken schon im Voraus an die Vorgesetzten weiter. Jetzt will HBO die Rolle auf sämtliche Dreharbeiten ausweiten.
"Sag mir, dass wir keine Kultur brauchen, die verändert werden muss"
HBO wurde schon häufiger dafür kritisiert, unnötige Vergewaltigungsszenen in Serien wie "Game of Thrones" oder "Westworld" gedreht zu haben. Obwohl die Einstellung von Intimitätskoordinatoren wie Rodis nicht dazu gedacht ist, den Inhalt der Serien neu zu gestalten, soll sie die Sets für alle beteiligten Akteure sicherer machen. "Hier sind wir ein Jahr nach #MeToo und Brett Kavanaugh sitzt am Obersten Gerichtshof. Donald Trump ist unser Präsident", sagte Alicia Rodis dem Magazin Rolling Stone. "Und jetzt sag mir, dass wir das nicht brauchen – dass wir keine Kultur haben, die noch verändert werden muss."
Alle Artikel