Als ich Charles Bradley zum ersten Mal hörte, trank ich 18 Jahre alten Scotch, trug einen 20.000 Dollar Tom Ford Anzug, und blickte aus dem Fenster meines Eckbüros in der Lexington Avenue. Naja, fast. Nicht ich war es, der da auf dem Designer-Sofa saß, sondern Harvey Specter, einer meiner Serienhelden. Bradley begann zu singen, und etwas Magisches geschah. Harveys Idee von sich selbst, ein Gerüst, das er über Jahre hinweg errichtet hatte, zerfiel – wenn auch nur für einen kurzen Moment. Die Musik war so roh, so voller Schmerz, dass sie das Beste in ihm hervorbrachte. "Wem gehört diese magische Stimme?", wollte ich wissen.
Neun Jahre lang arbeitet Bradley als Küchenchef in einer psychiatrischen Klinik
"Charles, you gotta stand tall, because life is full of sorrow, heartache and pain." Die Warnung seines Bruders, die Bradley in "Heartache And Pain" zitiert, sollte sich auf furchtbare Weise bewahrheiten. Sirenengeheul weckt den 51-Jährigen eines Nachts im Haus seiner Mutter. Es ist eine Familientragödie: Sein Bruder ist tot, erschossen von Charles Neffen.
Auch sonst führt der Musiker kein einfaches Leben. Neun Jahre lang arbeitet Bradley als Küchenchef in einer psychiatrischen Klinik, ehe ihn seine eigene Rastlosigkeit einholt. Er packt seine Sachen und trampt quer durch die Staaten, von New York bis Kalifornien, und von da aus bis nach Kanada und Alaska. Neben seinem Job als Koch hält er sich mit Auftritten in kleineren Bars über Wasser.
Zwei Jahrzehnte später landet er wieder in Brooklyn. Unter dem Namen "Black Velvet" spielt er lange Zeit in einer James-Brown-Tribute-Show mit, bis ihn schließlich Gabriel Roth, Strippenzieher hinter Daptone Records, entdeckt. Als Charles 2017 seinem langwierigen Kampf gegen den Krebs erliegt, hat er gerade mal drei Alben veröffentlicht.
Am 9. November erscheint seine letzte Platte
Das soll sich nun ändern. Ab dem 9. November können Fans, und solche, die es werden wollen, Bradleys letzte Platte kaufen: „Black Velvet“, eine Anspielung auf seinen früheren Künstlernamen, enthält zehn unveröffentlichte Lieder, die der Künstler bei den Sessions seiner drei Alben aufgenommen hatte. Neben eigenen Stücken zählen dazu auch Cover von Neil Youngs "Heart of Gold", Nirvanas "Stay Away" sowie eine Version der Single „I’ll Slip Away“ vom Singer-Songwriter Rodriguez.