Natürlich kann man sich ein Fußballspiel zusammen mit Tausenden lärmenden, überhopften und absurd verkleideten Menschen ansehen. Das kann sogar ganz lustig sein. Aber dann doch bitte an Ort und Stelle des Geschehens. In einem Fußballstadion!
Rudelgucken mit Freiluftglotze
Public Viewing dagegen ist nichts weiter als die Institutionalisierung des Rudelguckens mit Freiluftglotze. Ein Fernsehabend mit Stehplatzgarantie, Durchnässungsrisiko, warmer Plörre aus Plastikeimern und mieser Sicht. Lichtjahre entfernt vom eigentlichen Ereignis auf dem grünen Rasen. Nur dabei, statt mittendrin. Der Fußball? Eher Nebensache.
Oder wie ist es zu erklären, dass die monströsen Mattscheiben immer nur alle zwei Jahre aus dem Boden bundesdeutscher Innenstädte wachsen? Immer dann, wenn pünktlich mit dem Anpfiff zu Europa- oder Weltmeisterschaften aus blutigen Laien eine millionenstarke Jubelmasse enthemmter Fußballfachleute wird. Die sich, ausgerüstet mit schwarz-rot-goldenen Winkelementen und lächerlichen Gesichtsbemalungen, vor den öffentlichen Übertragungsstätten mit „Deutschland! Deutschland!“-Gegröle in Partystimmung säuft.
Public Viewing ist der Ballermann unter den Fußballerlebnissen. Die WM dabei nichts als eine Love-Parade für Event-Fans.
Bitte Fußball in der Komfortzone
Natürlich ist ein 7:1-Spektakel gegen Brasilien allein zu Haus vor der Flimmerkiste genauso ernüchternd wie ein Bierzeltbesuch ohne Alkohol. Aber wenn schon keine Stadionatmosphäre, dann bitte Fußball in der Komfortzone.
Mit bequemer Sitzgelegenheit, Bier aus dem Kühlschrank, auf den Punkt gegrillten Steaks und klarer Sicht in HD. Und im Kreise Fußballsachverständiger, die schon jetzt dem 24. August entgegenfiebern. Denn dann beginnt die neue Bundesliga-Saison.
Playboy-Textchef Philip Wolff kommt beim Public Viewing hingegen voll auf seine Kosten. Warum, lesen Sie in seinem Gegenkommentar.