Darum geht’s: Der Teenager Otis Milburn (Asa Butterfield) ist Sohn der alleinerziehenden Sexualtherapeutin Jean Milburn (Gillian Anderson). Der offene Umgang mit Sex- und Beziehungsthemen bringt allerdings nicht nur Vorteile mit sich. Otis hat zwar ein gutes Gespür und Einfühlungsvermögen, was Probleme dieser Art angeht, ist selbst aber eher unerfahren und verklemmt. So kommt für zum Beispiel Selbstbefriedigung nicht in Frage.
Ganz anders ist da sein bester Kumpel Eric: Er bekennt sich offen zu seiner Homosexualität und hat schon erste Erfahrungen sammeln können. Gemeinsam gehen die beiden zur Oberstufe der Moordale Secondary.
Die Dritte im Bunde ist die Einzelgängerin Maeve Wiley (Emma Mackey). Sie kommt aus armen Verhältnissen und lebt alleine in einer Wohnwagensiedlung. Aus dieser Not heraus geht sie auf Otis zu und schlägt ihm einen Deal vor: Otis soll sein Sex-Wissen nutzen, um die Mitschüler in Liebesfragen zu beraten. Natürlich gegen Cash...
Die acht Folgen der Serie eignen sich geradezu perfekt für einen Binge-Marathon am Wochenende. Auch im Internet überschlagen sich die Lobeshymnen der User. Doch warum hat auch uns Sex Education so begeistert?
Diversität, die nicht nervt
Das fiktive Städtchen, in dem Otis und seine Freunde wohnen, hat alles zu bieten, was die moderne Gesellschaft ausmacht: Egal ob homo- oder heterosexuell, verheiratet oder geschieden. Die in "Sex Education" dargestellte Vielfältigkeit kennt man so in kaum einer anderen Serie. Anders als in anderen Produktionen wirkt diese niemals konstruiert oder gewollt. Dies stellt ein gewisses Alleinstellungsmerkmal dar, an dem viele andere Serien oft scheitern. Stattdessen gilt in "Sex Education" die Devise „Flucht nach vorn“. Gleichgeschlechtliche Paare werden von Anfang an als das gezeigt, was sie eben sind, ohne groß ein Geheimnis daraus zu machen oder dies zu mystifizieren.
Die Charaktere
Otis-Darsteller Asa Butterfiled (Jahrgang 1997) überzeugte schon in jungen Jahren als Hauptdarsteller in Scorseses „Hugo Cabret. Im Zusammenspiel mit der grandiosen, Männer-verschlingenden Gillian Anderson („Akte X“) nimmt man Butterfield den pubertären Teenager ab, ohne sich an etwaigen Klischees zu bedienen. Jede noch so kleine Nebenrolle wächst dem Zuschauer von Folge zu Folge ans Herz. Zwar sind die Figuren bewusst überzeichnet, trotzdem bekommen alle, bis auf nur wenige Ausnahmen, die nötige Zeit um eine gewisse Tiefe und Eigendynamik zu entwickeln.
Explizit, aber geschmackvoll
„Sex Education“ ist erfrischend anders und bei weitem nicht so verklemmt, wie man denken mag. Schon nach wenigen Sekunden sieht man ein junges Paar beim Sex. Das ist gut so, alles andere wäre bei einer Serie mit diesem Thema auch arg albern. Viel mehr zeigt die Produktion, wie man im Jahr 2019 mit solchen Themen umgehen kann – und sollte: Offen, ehrlich, schonungslos – und mit der richtigen Portion Humor und Leichtigkeit.
Das 80er-Flair
In den ersten Folgen stellt man sich unweigerlich die Frage, wo und wann sich die Handlung von „Sex Education“ eigentlich abspielt. Die britische Produktion spielt gekonnt mit unserer Sehgewohnheit. So wirkt die Schule der Protagonisten wie die typische US-Highschool. Alle anderen Schauplätze lassen typisch britisches Flair erkennen. Und auch das Jahrzehnt ist erstmal unklar. Schulterpolster, wilde Muster und grelle Farben – die Kleidung und Haarschnitte kommen direkt aus der 80er-Jahre-Kiste. Doch der Schein trügt, denn Smartphones sind in „Sex Education“ genauso verbreitet wie die Lust auf Geschlechtsverkehr.
Der Soundtrack
Die Musik spielt für die Hauptfigur der Serie eine zentrale Rolle. Dass der Teenie irgendwie anders ist, als seine Altersgenossen, zeigt seine Musiksammlung. Er sammelt Schallplatten, die von den "Ramones" bis zu "The Cure" reichen. Aber auch Beth Ditto und Bob Seger schaffen es in die Song-Auswahl von „Sex Education“. Das schafft zusammen mit dem Look einen ganz eigenen Kosmos, der die Serie zu etwas ganz Besonderem macht.
Die zweite Staffel (8 Folgen) von „Sex Education“ ist seit dem 17. Januar auf Netflix verfügbar.
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