Ein Pass ist „schwul“, der Schiri eine „Schwuchtel“ – Homophobie ist im Fußball nach wie vor allgegenwärtig. Die Initiative Diversero versucht mit ihrer Kampagne „Sports Free“ gegen das Tabuthema Homosexualität anzukämpfen – und kündigte für diesen Freitag ein Gruppen-Coming-Out an. Doch bisher blieben die Outings aus. Was die Gründe für die Zurückhaltung schwuler Profis sein könnten, erklärte Ex-Fußball-Profu Thomas Hitzlsperger bereits im Februar im Playboy-Interview.
Gruppen-Coming-Out im Fußball: Keine aktiven Profis dabei
Als die Initiative um den ehemaligen Fußball-Jugend-Nationalspieler Marcus Urban ihr geplantes Gruppen-Coming-Out ankündigte, waren die Erwartungen hoch. Am 17. Mai, dem internationalen Tag gegen Homo-, Bi-, Inter- und Transphobie, sollten zahlreiche Fußballprofis ihre Homosexualität öffentlich machen. Doch am Freitagmorgen blieb es erstmal still. Auf den Social-Media-Kanälen von Diversero wurde lediglich ein Video veröffentlicht, in dem Initiator Urban und andere Unterstützer der Aktion sprechen. Aktive Profis, die ihre Homosexualität bekannt machten, waren allerdings keine zu finden. Urban hatte in einem Interview mit dem Stern bereits zuvor die Erwartungen an den Tag gedämpft: „Die Spieler sind extrem vorsichtig. Keiner traut sich aus der Deckung.“
Keiner traut sich: Gruppen-Coming-Out im Fußball lässt auf sich warten
Bis heute hat kein aktiver Profi-Spieler in Deutschland seine Homosexualität öffentlich gemacht. Der erste Fußball-Star, der sich überhaupt traute, war Thomas Hitzlsperger im Januar 2014 – wenige Monate nach seinem Karriereende. Im Interview mit Playboy sprach der Ex-Nationalspieler im Februar über die möglichen Hürden im Kopf vieler schwuler Profis: „Es ist die Entscheidung eines jeden einzelnen Menschen. Ich nehme an, es hat sich persönlich einfach niemand bereit dafür gefühlt, weil mit einem Coming-out Veränderung verbunden ist. Diese Ungewissheit schreckt womöglich viele ab.“
Auch der harte Ton in der Fußball-Kabine kann für Profis ein Grund sein, mit ihrer sexuellen Orientierung hinterm Zaun zu halten, meint Hitzlsperger: „Ich erinnere mich an zwei Situationen, die mir nicht mehr aus dem Kopf gingen, weil einzelne Spieler sehr abschätzig über Homosexuelle sprachen. Und ich dachte: Okay, das ist der Beleg dafür, dass ich in dieser Kabine ein Problem habe, wenn ich das offen ausspreche.“
Das von Marcus Urban angestoßene Gruppen-Coming-Out findet Hitzlsperger jedoch sinnvoll: „Es wäre ein sehr bedeutender Schritt. Man kann eine Gesellschaft nicht allein dadurch verändern, dass man Leuten sagt: Ihr müsst aufhören, zu diskriminieren und auszugrenzen. Was aber sehr wirkungsvoll ist: Wenn Betroffene selbstbewusst sagen, ich erkenne hier das Problem gar nicht, ich bin so, und das ist kein Makel, sondern völlig in Ordnung so! Ein Gruppen-Coming-out könnte genau diese Botschaft transportieren. Es wäre ein großer Schritt, der für sehr viel Aufmerksamkeit sorgen würde.“
Coming-Out im Profifußball: 17. Mai soll nur der Anfang sein
Obwohl das erste Outing eines aktiven Profis noch auf sich warten lässt, bleibt die Aktion kein einmaliges Ereignis. Der 17. Mai soll nur der Startschuss sein. So wird es ab jetzt am 17. jeden Monats die Möglichkeit geben, sich auf der Plattform von Diversero zu positionieren. Dabei sollen sich nicht nur Fußballer und aktive Sportler angesprochen fühlen: Auch Mitarbeiter, Trainer oder Funktionäre von Vereinen wird eine Plattform geboten, auf der sie sich outen können – wenn sie wollen.
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