Gegen lustvolle Rollenspiele hat unsere SEX-KOLUMNISTIN SOPHIE ANDRESKY nichts einzuwenden, denn sie befreien von Tabus und Moral. Ein paar Spielregeln sollten wir aber trotzdem beachten, findet sie.

Männer sind wunderbar. Männer, die ein Nudelsieb auf dem Kopf und eine Lederjacke als Lendenschurz tragen und in meinem Schlafzimmer rufen: „Brüte die Eier aus, oh Mutter der Drachen!“, sind es weniger. Ich hab ja gar nichts gegen Rollenspiele. Solange so was nicht in Bad Segeberger Freilichtbühne ausartet oder mir ein Drehbuch mit Dialogen vorgelegt wird, bin ich durchaus für schlüpfrige Inszenierungen zu haben. Bei meinem ersten Mal passierte es nebenbei. Ein netter Skandinavier rutschte zum Bettende, und ich spreizte erwartungsvoll die Beine und stöhnte: „Befriedige deine Herrin, Sklave aus dem dunklen Norden“, was eigentlich eher als Scherz gemeint war. Er stieg aber darauf ein, senkte demütig den Kopf und sagte: „Oh Gebieterin, ich bin neu im Palast und unerfahren in den Diensten der Lüste.“ Die gebrochene skandinavische Grammatik und den Römpömpöm-Akzent des Muppet-Kochs muss man sich dazudenken, um zu ver- stehen, wieso ich in Gelächter ausbrach. Aber dann fanden wir bei- de in unsere Rollen, und die cunnilingische Meisterin lehrte den Domestiken die Freuden der mösianischen Gottheit. (Steht ihr auf Rollenspiele? Erzählt es mir unter sophie@andresky.com.)

Das Tolle an Rollenspielen ist, dass man sie ohne viel Brimborium ins Vögeln einbauen kann. Ob ungehorsame Schülerin und strenger Zuchtmeister, karrieregeiler Sekretär und Chefin – der Fantasie sind keine Grenzen gesetzt. Und zwar tatsächlich keine, denn Moral, An- stand oder Political Correctness hat in einer erotischen Fantasie nichts verloren. Macht sie alle Beteiligten heiß, ist es gut. Mit tatsächlichen Wünschen oder der Realität hat es nichts zu tun.

Man muss sich natürlich einig sein. Ich erinnere mich an das Karnevalswochenende, an dem ich einen Freund im Rheinland be- suchte. Karneval im Rheinland ist eh schon Ausnahmezustand, da wird gebützt und gegrabscht, als wären es mittelalterliche Fortpflanzungsfeiern von heidnischen Primitiven, was er ja im Prinzip auch ist. Der Freund hatte uns Partnerkostüme zusammengestellt, und ehe ich richtig wusste, wie mir geschah, war ich schon mit ihm als Schaf unterwegs. Inklusive Flauschohren und Gewändern aus Ikea-Schaffellen. Auf dem einzigen Foto, das ich davon habe, sieht es lustig aus. Aber scharf war es ganz sicher nicht. Und ich war schwer irritiert, als mein Begleitbock begeistert mein Bauchfell kraulte und mir ins Plüschohr raunte, wir sollten uns einen Stall suchen, wo er mich rannehmen könnte, bis ich blöken würde. Seit- dem weiß ich, dass ich auf Schafsex nicht stehe.

Ansonsten gibt es noch zwei Dinge, die mich bei Rollenspielen abtörnen: Stress und Aufwand. Ich möchte weder als Prostituierte verkleidet durchs Bahnhofsviertel tigern noch die ganze Wohnung zum Dschungel umgestalten. Anfällig für solche Überinszenierungen sind meiner Erfahrung nach vor allem Nerds, die sehen wollen, wie nah sie ans Vorbild der „Enterprise“-Kommandobrücke rankommen. Und LARPer. LARP bedeutet Life Action Role Playing und fasst Menschen zusammen, die sich in ihrer Freizeit als Ritter, Sternenkrieger oder Zombies verkleiden und offline, also im echten Meat Life, Schlachten ausfechten oder mystischen Kelchen hinterherjagen. Das ist witzig für einen Wochenendausflug, aber eher abtörnend im Bett. Mein Skandinavier dagegen machte alles richtig, der war ein wahrer Impro-Meister. Beim gemeinsamen nächtlichen Duschen flüsterte er plötzlich: „Gott sei Dank sind wir der Apokalypse entkommen und können hier im Bunker die Menschheit wieder fortpflanzen.“ Schlicht, effektiv, heiß. Den Römpömpöm-Ton habe ich einfach überhört.