Denkmäler haben in diesen Tagen vielerorts einen schweren Stand. Gerade erst wurden im Zuge der weltweiten Proteste gegen Rassismus Denkmäler demoliert, vom Sockel gehauen und in Flüsse gekippt. Der Sturz von Denkmälern hatte immer schon große Symbolkraft. In Bagdad rissen am 9. April 2003 Soldaten mithilfe eines Baukrans und unter dem ekstatischen Jubel Hunderter Menschen die überlebensgroße Statue des irakischen Diktators Saddam Hussein nieder. Und besiegelten damit, für alle Welt sichtbar, das Ende einer Schreckensherrschaft.
Denkmalsstürze sind Zeichen einer Zäsur. Aber auch Demonstrationen neuer Machtverhältnisse.
Verbunden mit der Entstalinisierung, ließ der sowjetische KP-Chef Nikita Sergejewitsch Chruschtschow kurz nach dem Tod seines Vorgängers Josef Stalin alle Statuen des verstorbenen Despoten entfernen. Jeder sollte sehen, dass hier – eine neue – Geschichte geschrieben wurde.
Nun stürzen auch in den USA Heroen vergangener Tage über ihre Geschichte, werden im Zuge der „Black Lives Matter“-Proteste viele Denkmäler zertrümmert. Neben Statuen ehemaliger Kolonialisten wie des skrupellosen Sklavenhändlers Edward Colston in Bristol trifft die Wut der Denkmalsstürmer inzwischen auch Abbilder des italienischen Seefahrers Christoph Kolumbus. Weltweit wurden Statuen des berühmten Entdeckers bei Demonstrationen mit Farbe beschmutzt oder vom Sockel gekippt.
Sind die aktuellen Beispiele der Denkmalsäuberung ein notwendiger Akt der politischen Hygiene – und dienen damit dem Kampf für eine gerechtere Gesellschaft? Oder sind sie doch nur Zeugnisse eines hyperventilierenden Zeitgeistes, verbunden mit dem Irrglauben, durch die Entfernung alter Monumente eine perfekte neue Welt zu erschaffen?
Und geht das am Ende alles noch nicht weit genug? Sollten auch hierzulande schleunigst alle Kolonialdenkmäler entfernt und Straßen, die an dunklere Zeiten der deutschen Geschichte erinnern (wie etwa die Berliner Mohrenstraße), umbenannt werden? Nein, nicht grundsätzlich. Zu einer aufgeklärten Gesellschaft und zu richtig verstandener Denkmalpflege gehört auch immer die konfrontative Auseinandersetzung und eine Vergegenwärtigung der (eigenen) Geschichte. Und wie sollte dies demokratischer – also besser – gelingen als durch Ausstellung der Zeitzeugnisse im öffentlichen Raum?
Dass bekanntlich auch kräftig an lebenden Denkmälern gerüttelt wird, lesen Sie aus gegebenem Anlass übrigens hier im „Pro & Contra“ zu Franz Beckenbauer. Einst als Lichtgestalt verehrt, arbeiten sich inzwischen Kritiker aus allen Lagern an dem – möglicherweise tief in den „Sommermärchen“-Skandal verwickelten – ehemals alles überstrahlenden „Kaiser“ ab. Zwei PLAYBOY-Autoren, zwei Standpunkte. Ein Highlight der aktuellen Ausgabe.
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