Ein Kompliment zu machen bedeutet, jemandem seine Wertschätzung zu zeigen. "Ein geglücktes Kompliment", sagte Jopie Heesters einmal, "ist die charmante Vergrößerung einer kleinen Wahrheit." Das heißt: Ehrlich muss es sein. Ein spontaner Einfall am besten. Aber: niemals unüberlegt.
Und darin liegt die Krux. Denn wer zu viel überlegt, bevor er etwas sagt, muss darauf achten, dass er aus der Unsicherheit der Abwägung heraus keine unerwünschten Nebentöne erzeugt, etwa kriecherisch klingt ("Eine Meisterleistung, Chef!") oder herablassend ("Nettes Perlenkettchen, Süße"). Der Schlüssel dazu ist: Authentizität. Machen Sie keine halbherzigen Komplimente und keine, die Sie nicht wirklich ernst meinen. Die meisten Menschen riechen Aufgesetztheit zehn Kilometer gegen den Wind. Die meisten Frauen sogar zwanzig.
Auf die Details kommt es an
Wenn Sie jemandem unbedingt ein Kompliment machen wollen, aber noch nicht wissen, welches, betrachten Sie die Person und ihr Umfeld aufmerksam. Dabei können Sie eine Vielzahl von Dingen aufnehmen, die sich nutzen lassen. Das kann beispielsweise bei einer Kollegin die hervorragend vorbereitete Präsentation sein oder das neue Paar Schuhe. Wenn Sie aber weder von der Präsentation noch von den Schuhen berauscht sind, dann behaupten Sie das auch nicht.
Tun Sie lieber Folgendes: Loben Sie den Teil der Präsentation, den Sie besonders gut fanden, oder das Detail an den neuen Schuhen, das Ihnen besonders gefällt. Wenn Sie von dem, was Sie sagen, überzeugt sind, wird es Ihnen leicht fallen, Ihre Beobachtung in ein hübsch verpacktesKompliment zu gießen. Was Sie dabei tun, ist nichts anderes, als sich des Prinzips der sogenannten selektiven Authentizität zu bedienen: Ich muss nicht alles sagen, aber von dem, was ich sage, muss ich überzeugt sein. So wirken Sie glaubwürdig. Und etwas nicht zu sagen bedeutet ja nicht, dass Sie unehrlich sind.
Zeigen Sie Interesse
Sie können jedem Menschen Komplimente machen, der Sie interessiert. Das ist jedoch auch die Bedingung. Sie müssen genug Interesse an der Person haben, um etwas an ihr zu erkennen, das Sie eines aufrichtigen Kompliments für würdig befinden. Das funktioniert auch beim Chef. Der freut sich über Komplimente, denn davon bekommt er in der Regel eher wenige. Es ist halt einsam an der Spitze. Wenn Sie ihm also - aus welchen Gründen auch immer, Gehaltserhöhung, Beförderung oder weil Sie ihn einfach sympathisch finden - ein Kompliment machen wollen, zielen Sie präzise auf etwas, das Sie gut finden. Aber nicht zu häufig! Chefs riechen Aufgesetztheit sogar 30 Kilometer gegen den Wind.
Die goldene Mitte
Überhaupt sollten Sie mit der Zahl Ihrer Komplimente klug haushalten. Geizen Sie nicht damit, aber seien Sie auch nicht zu verschwenderisch. Sonst verlieren Ihre Worte an Gewicht. Besonders wirksam sind Komplimente übrigens, wenn Sie sie nicht jemandem direkt machen, sondern dafür sorgen, dass der Komplimentierte quasi "zufällig" über Umwege - also eine dritte Person - von Ihren freundlichen Worten erfährt. Eine wahre Wunderwaffe.
Ebenfalls nicht zu unterschätzen: das Kompliment in Form einer Frage. Jemanden um Rat zu fragen bedeutet, ihm mehr Wissen zuzugestehen, als man selbst hat - man zollt so Anerkennung. Fragen Sie doch einmal eine Frau an der Bar, ob sie Ihnen einen Drink empfehlen kann. Sie werden erleben, dass die Gefragte sich geschmeichelt fühlt.
Seien Sie spontan
Bei allen Ratschlägen jedoch gilt: Ein wirklich gutes Kompliment lässt sich nur bedingt planen. Es entsteht bestenfalls spontan. Ich werde nie vergessen, wie ich mich als 16-Jähriger vor der Mutter meiner ersten festen Freundin blamierte. Ich war zu ihr nach Hause eingeladen und hatte der Mutter, die erkältet war, Blumen mitgebracht. Als die Mutter mir die Tür öffnete, wollte ich ihr sagen: Oh, tut mir leid mit Ihrer Erkältung, man sieht, dass es Ihnen nicht gut geht, aber Sie gehen bemerkenswert damit um.
Im Nachhinein etwas altklug, aber es war gut gemeint. Heraus kam: "Oh, tut mir leid, Sie sehen aber bemerkenswert schlecht aus heute . . ." Weiter kam ich nicht. Es war mir sehr, sehr peinlich. Doch etwas Wichtiges habe ich daraus gelernt: Ich nehme mir keine Komplimente mehr vor. Sie müssen aus der Situation heraus entstehen.
Nutzen Sie die Situation
Vor Kurzem sah ich in einer Hotelbar eine Frau, die nicht sonderlich hübsch war, aber etwas Eigentümliches an sich hatte, das mein Interesse an ihr weckte. Ich überlegte, mit welchem Kompliment ich ein Gespräch beginnen könnte, entdeckte aber nichts Auffälliges, mit dem ich ihr ein authentisches Kompliment machen konnte. Schließlich sprach ich sie an, indem ich ihr genau das sagte: "Entschuldigen Sie, dass ich Sie anspreche. Ich habe die ganze Zeit überlegt, was ich zu Ihnen sagen soll, aber mir ist nichts eingefallen." Ihr Gesicht strahlte.
Es wurde ein sehr angenehmer Abend, in dessen Verlauf mir doch noch auffiel, warum ich unbedingt mit ihr ins Gespräch kommen wollte: Sie hatte wundervolle kleine Lachfältchen in den Augenwinkeln, das machte ihr Strahlen aus. Ich sagte es ihr. Es war wertschätzend, es war authentisch, es war situativ. Sie freute sich sehr über das gelungene Kompliment. Fast so sehr wie ich.