Sie wirbeln herum wie ein zerknülltes Blatt Papier, das jemand achtlos in die Luft geworfen hat. Sie machen Loopings, Turns, Drehungen, Überschläge und allerlei Akrobatik-Figuren, als gäbe es keine Schwerkraft. Manch einem wird schon vom einfachen Hinsehen schlecht. Doch wer will – und wer es aushält –, kann mitten im Geschehen sein. Mit einer FPV-Brille (FPV = First Person View) versetzen sich die Kunstflugpiloten ins Cockpit und nehmen ihre waghalsigen Stunts auf. Und auf Youtube folgen ihnen Hunderttausende. Rotor Riot, LeDrib, Mr. Steele, WillardFPV oder der milchgesichtige Johnny FPV – sie sind die neuen Stars am Drohnen-Himmel. Kein Wunder, angesichts der packenden FPV-Videos, die sie fast täglich hochladen. Sie heizen durch die Ruinen von Detroit, surfen im Sonnenuntergang über Miami Beach oder machen Tschernobyl unsicher. Ein paar Beispiele:
Fassaden-Surfing in Atlanta
Ein Milchgesicht in Miami Beach
Stairway to Heaven, Hawaii
Und schlimmstenfalls so:
Besonders bitter: Viele investieren gleich zu Beginn unnötig viel Geld. Problemlos kann man einen vierstelligen Betrag loswerden. Denn mit der Drohne allein ist es nicht getan. Man braucht eine Fernsteuerung, eine Kamera, Funkmodule und einen Monitor, um das Bild der Kamera live zu sehen. Denn nur aus der Piloten-Perspektive kann man die Kunstflugfiguren wirklich gut nachfliegen. Wer alle Komponenten einzeln kauft, muss sich schon extrem gut auskennen. Für den Anfang sind daher Komplett-Sets ideal.
Die Anforderungen
Die Drohne muss äußerst robust sein, aus Kohlefaser am besten, damit sie Crashs übersteht. Und soviel ist klar: Crashs sind unvermeidbar. Wer das im Hinterkopf behält, der weiß: Die Anfangsinvestition kann sich recht schnell in einen Haufen Schrott auflösen. Hinzu kommt, dass Renn-Drohnen, eigentlich unnötig zu erwähnen, selbstverständlich nicht im Automatik-Modus geflogen werden. Auto-Levelling, Auto-Home, Headless-Mode oder automatische Flips – all das gibt es nicht, wenn man Drone-Racing im Sinn hat, wenn man Häuserfassaden vertikal abfliegen oder kopfüber unter Brücken hindurchtauchen will.
Die Cracks greifen deshalb zu einer FPV-Brille, die das Bild der Kamera im 5.8 GHz-Band empfängt. Das Modell „Fat Shark“ ist hier das Maß der Dinge, aber mit rund 500 Euro auch nicht ganz billig. Die „Fat Shark Dominator“ hat sogar einen Videorekorder eingebaut, so dass man sich eine GoPro an der Drohne sparen kann. Man speichert einfach das Signal der Pilotenkamera auf einer Mini-SD-Card in der Brille.
Doch es gibt günstigere Alternativen. Höchste Zeit also, einmal das Minimalequipment zusammenzustellen, das nötig ist, um ins Drone-Racing einzusteigen.
Das braucht der Einsteiger
Als gute und robuste Einsteiger-Drohne hat sich die "Walkera F210" erwiesen. Es gibt sie, komplett flugfertig mit allem Zubehör für rund 500 Euro. Heißer Tipp: Das Modell „XciteRC F210“ des Importeurs XCite ist baugleich mit der Walkera F210 und erheblich günstiger. Für etwa 300 Euro ist man hier am Start.
Akku und Ladegerät sind im Set bereits enthalten, auch die Funk-Kamera ist montiert und einsatzbereit. Das Modell fliegt praktisch direkt aus dem Karton heraus. Und es ist dank seiner hochwertigen Bauteile (Chassis aus Karbon, Metallteile aus gefrästem Aluminium) extrem robust. Das Set hat einige Besonderheiten. Über einen dreistufigen Schalter kann der Pilot – seinm Lernprozess entsprechend – die Automatik-Funktionen der Drohne nach und nach abschalten. Bis er schließlich völlig selbstständig ohne elektronische Unterstützung fliegen kann. Übrigens: Die Schaumstoff-Formverpackung der Walkera/Xcite kann man direkt aus dem Karton in einen handelsüblichen Aktenkoffer umsetzen – das spart weiteres Transport-Equipment.
Fehlt noch die Brille. Ein gutes Modell ist die "Walkera Goggle 4 FPV" (etwa 200 Euro). Für die Hälfte ist die "XCSource Eachine EV800" zu haben. Sie hat den Vorteil, dass man den Monitor von der Brille trennen und an der Fernsteuerung oder auf einem Stativ montieren kann. Denn manche Piloten möchten lieber zwischendurch mal zwischen der Inflight-Perspektive und dem „bodenständigen“ Normalmodus wechseln. Dann aber haben sie keine Hand frei, um die Brille vom Kopf zu nehmen. Auch viele Brillenträger bevorzugen die Stativ-Version. Wieder anderen wird beim Tragen einer FPV-Brille schlecht. Kein Wunder, denn aus der Pilotenperspektive wirken die Stunts noch dramatischer als vom Boden aus.
Es gibt noch billigere Brillen wie etwa die „Kylin FPV Vision Goggles“ für rund 75 Euro. Nachteil hier: Man muss bei einem Händler in China bestellen. Da werden nicht nur Zollgebühren fällig, die angebliche Express-Lieferung kann sich auch schon einmal um mehrere Wochen verzögern. Besonders schlechte Erfahrungen haben wir mit dem Händler GearBest gemacht, der neben allerlei Gadgets auch diverse Drohnen und Zubehör anbietet. Beide bestellten Geräte waren defekt, und alle unsere Service-Anfragen verliefen im Sande. Das vermeintliche Schnäppchen war eine reine Fehlinvestition. Daher der heiße Tipp: Lieber beim RC-Fachhändler in Deutschland (oder dem "Drohnenland" USA) kaufen, der später auch mit Rat und Tat zur Seite steht (wir haben gute Erfahrungen mit myhobby24.de in Göppingen gemacht). Oder über Amazon, wo es zumindest mit Reklamationen und Rücksendungen in der Regel keine Probleme gibt.
Set komplett
Für 400 bzw. 500 (mit Walkera-Brille) Euro haben wir nun also ein funktionierendes System, um ins Drone-Racing einzusteigen. Es empfiehlt sich allerdings, zuvor an einem Flugsimulator zu üben, um später die Zahl der Abstürze zu minimieren. Jedem Anfänger muss jedoch klar sein: Er wird früher oder später crashen. Völlig vermeiden lässt sich das einfach nicht, auch nicht nach dem intensivsten Simulator-Training.
Gute Flugsimulatoren:
DRL Racing Simulator der „Drone Racing Legue.
Bei beiden lässt sich – je nach Modell – die eigene Fernsteuerung an den PC/Mac anschließen.
Doch es geht noch billiger!
Beim FPV-Racing kommt es nicht auf die Größe des Flugobjekts an. Selbst mit Micro-Drohnen, die kleiner als eine Handfläche sind, lassen sich beeindruckende Stunts vollführen. Und das sogar im Wohnzimmer.
Der Hersteller Horizon Hobby hat hier ein Komplettsystem im Programm, das für rund 170 Euro alles bietet: Drohne, Akku, Fernsteuerung, Kamera und Monitor für das FPV-Erlebnis. „Blade Inductrix FPV“ heißt das Modell, dessen gelbe Haube mit der großen Kameralinse ein bisschen an die Minions erinnert. Die Inductrix FPV wiegt flugfertig keine 25 Gramm und hat innerhalb kürzester Zeit eine große Fangemeinde erobert. Später kann man übrigens eine Kunststoff-Brille nachkaufen, in die einfach der Monitor eingesetzt wird. Dann hat man eine FPV-Brille (wobei der simple Plastikkasten mit 50 Euro wiederum überraschend teuer ist). Auch diverse Tuningteile sind erhältlich. Für die Inductrix FPV gibt es stabile Aluminium-Rahmen, Kohlefaserverstärkungen und hochdrehende Sportmotoren. Sie machen aus dem Floh endgültig ein wildes Biest.
Was die kleine Inductrix alles kann, beweisen zahllose Videos auf Youtube. Hier ein paar Beispiele:
Indoor-Rennen mit der kleinen Inductrix
Vergleich zweier Mini-Drohnen
Wen es jetzt juckt, wer ins Drone-Racing einsteigen will, dem seien noch die wichtigsten Anfänger-Fehler ans Herz gelegt. In diesen Videos oder in dem folgenden englischsprachigen Tutorial:
Sechs Anfänger-Fehler
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