Herr Macionga, wie trinkt man einen guten Wein?
Respektvoll und fokussiert. Wie man das macht, ist jedem selbst überlassen. Ich rieche am Glas, schaue mir die Farbe an – dann erst trinke ich. So erhalte ich ein dreidimensionales Aromen-Bild. Und ich achte auf die Textur, also welchen Fluss der Wein hat.
Wie vermeiden es Unerfahrene, sich beim Tasting zu blamieren?
Niemand braucht Angst zu haben, auch mit wenig Wissen können Sie sich äußern: Was schmecken und fühlen Sie? Welche Emotionen weckt der Wein? Nur ein Tipp: Tun Sie nicht so, als ob Sie Ahnung hätten, wenn Sie keine haben. Das merkt nämlich jeder Kenner schon daran, wie Sie den Wein halten, zum Beispiel mit der Faust oben am Stiel. Oder wenn Sie den Wein wie Limo trinken. Der Genießer trinkt langsam? Zumindest die ersten Gläser.
Wie können Anfänger mehr über Weine lernen?
Durch strukturierte Beschäftigung. Um meine Lieblingsregionen herauszufiltern, habe ich viele Jahre und viele Flaschen gebraucht. Konzentrieren Sie sich vielleicht erst einmal auf eine bestimmte Traube. Finden Sie zum Bei- spiel heraus, wie Riesling schmeckt. Vergleichen Sie vier Rieslinge aus verschiedenen Anbaugebieten. Beginnen Sie nicht mit Spitzenweinen. Nur dann werden Sie irgendwann verstehen, warum ein Gutswein zehn Euro und ein „Großes Gewächs“ 40 Euro kostet.
Peer Steinbrück sagte ja mal, er trinke keinen Wein unter fünf Euro. Was halten Sie davon?
Ich selbst trinke nicht nach Preis. Aber es ist in Deutschland unmöglich, für unter fünf Euro einen guten Wein zu produzieren. Die Weinberge werden ganzjährig bewirtschaftet. Jede Rebsorte wird im Optimalfall per Hand geschnitten. Der Wein wird geerntet, gelagert und abgefüllt. Allein Flasche und Etikett kosten 1,50 Euro. Ein 4-Euro-Wein im Supermarkt kann handwerklich nicht gut sein.
Gibt es Weine für bestimmte Anlässe?
Manche sagen, an Weihnachten muss es Bordeaux sein – von dieser Ideologie halte ich nichts. Schauen Sie lieber, mit wem sie trinken. In einer weniger weinaffinen Runde hat es keinen Sinn, hochkomplexe Flaschen aufzureißen. Wenn Sie mit weinverrückten Freunden zusammensitzen, können Sie zum Eintrinken etwas Knackiges ausschenken, etwa einen frischen Riesling. Später legen Sie dann einen intensiven Champagner nach.
Welches Equipment braucht man für eine Hausverkostung?
Burgunder- und Bordeauxgläser für verschiedene Weintypen und – wenn Sie es ernst meinen – ein Dekanter, um den Weinen Sauerstoff zu geben. Das Wichtigste ist aber, Wein zu Hause zu haben!
Wo kauft man den am besten ein?
In einer Weinhandlung oder direkt beim Weingut.
Wenn mir eine Flasche gut schmeckt, kann ich dann von der Marke auch andere Jahrgänge nehmen?
So einfach ist das leider nicht. Vom gleichen Winzer kann ein 2014er sehr säureintensiv schmecken und ein 2016er sehr fruchtig. Für Laien ist das ein komplett anderer Wein.
Worauf ist bei der Lagerung zu achten?
Weine brauchen Ruhe. Sie sollten liegen und nicht viel bewegt wer- den. Außerdem dürfen sie nicht zu warm oder zu kalt gelagert wer- den, sondern brauchen etwa zehn Grad und eine Luftfeuchtigkeit um die 70 Prozent. So können sie über Jahrzehnte oder sogar Jahr- hunderte halten.
Wie wichtig ist die Trinktemperatur?
Extrem wichtig. Je dichter die Wei- ne, umso weniger kühl sollte man sie trinken. Weißweine, die meist leicht, frisch und unkompliziert sind, dürfen kälter sein. Aber auch Rotweine können zu alkoholisch schmecken, wenn sie zu warm sind. Da ist jeder Wein anders, fragen Sie also Ihren Händler.
Welches Gegenmittel hilft gegen blaue Rotwein-Zähne?
Außer Zähneputzen kenne ich keines. Meinen Rotweingenuss wollte ich aber auch nie kaschieren.
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