Wenn jemand Weinsammler werden will, sollte er sich ganz nüchtern fragen, warum er das will. Denn da gibt es mehrere Typen. Der Typus „Genußmensch" etwa: Wenn er sich einen ordentlichen Keller aufbauen möchte, sollte er sich ausschließlich nach seinem Geschmack richten. Sprich: Er kauft am besten über den kleinen Händler seines Vertrauens ein. Da geht es auch nicht um große Namen und Châteaus, sondern eher die kleinen Winzer, die mit viel Liebe einen schönen Wein herstellen.
Manche Winzer verkaufen auch direkt ab Hof und freuen sich über einen Abnehmer. Und es kann auch mal ein toller günstiger Tipp über ein Diskounterangebot sein, das zum sensationellen Preis Gaumenfreuden bringt. Ganz klar: Solch eine Sammlung ist nur für den Eigengebrauch gedacht, und auch nur zum Trinken. Denn am Sammlermarkt bringen die Flaschen – trotz toller Qualität – praktisch nichts.
Mancher Weinsammler agiert wie ein Briefmarkensammler
Eine ganz andere Geschichte ist der Typus „stolzer Besitzer": Ihm geht es meist weniger um Genuss oder Wertsteigerung, er hat eigentlich nur die Flaschen selbst im Blick. Er will sie besitzen! Dazu zählen Exoten, Raritäten, fast wie die Blaue Mauritius. Solche Sammler nehmen auf dem Weinmarkt eine eigene Nische ein: Denn hier sind es die Etiketten (etwa mit Fehldrucken), das maximale Alter oder auch berühmte Vorbesitzer, die den Wert hochtreiben. Dieser Typ versteckt seine Weine auch gerne vor der Öffentlichkeit.
Und mancher kann auch ganz schön daneben greifen, wie etwa der Milliardär William Koch, der 2006 vier angebliche Weinflaschen von Thomas Jefferson für einige hunderttausend Euro ersteigerte. Leider waren die Pullen gefälscht – und der Wein wäre ohnehin längst verdorben gewesen ...
Die meisten Weinsammler wollen ihr Geld vermehren
Der wichtigste Typ ist der Geldanleger: Denn er kauft Flaschen nach der Wertsteigerung. Er muss auf einiges achten: Große, prestigeträchtige Namen sind wichtig. Die Jahrgänge bringen, abhängig von der Qualität, unterschiedliche Rendite. Und Einzelflaschen sind oft schwer verkäuflich. Der Sammlermarkt wurde in den vergangenen Jahren durch die hohe Nachfrage aus China stark angeheizt.
Deshalb sollte man für einen Grundstock schon einige tausend Euro ansetzen, die Reisekosten nicht gerechnet. Und man muss sich einiges an Wissen anlesen und ständig über die Entwicklungen auf dem Weinmarkt informiert sein. Wenn etwa ein erfolgreicher Kellermeister ein Weingut verlässt, muss sich der Weinsammler dieselben Fragen stellen wie ein Aktienhändler: Sinkt nun die Qualität? Stimmt die Atmosphäre oder die Arbeitsmentalität auf dem Gut nicht? Eigentlich ist diese Art des Weinsammelns ein Fulltime-Hobby. Und irgendwann muss er sich von den Flaschen auch wieder trennen.
Im Supermarkt kaufen Weinsammler nicht ein
Doch wie kommt ein potenzieller Weinsammler nun an seine Schätze? Die großen Weine gibt es sicherlich nicht im Supermarkt. Auf eBay? Manchmal ja. Ab und zu veräußert ein Sammler Stücke über diese Seite – jedoch ist man hier vor Fälschungen und Betrug wenig geschützt. Die wichtigste Quelle sind aber Auktionshäuser wie Christie's oder Sotheby's: Beide bieten nicht nur Kunst, sondern haben eigene Weindepartements, denn in Sachen Wertanlage nehmen Weinsammler inzwischen einen wichtigen Stellenwert ein.
Früher brauchte man dafür einen Makler, heute kann jeder online Weine ersteigern. Meist in Einheiten zu sechs Flaschen, denn man will ja auch ein bisschen Spaß damit haben. Wer jedoch richtig Spaß an der Sache hat und Kollegen kennenlernen will (was gar nicht so ungeschickt ist) steigert von Ort mit.
Manche Weinsammler sind regelrechte "Witwenschüttler"
Besagte Kollegen haben nämlich auch fast immer Passion für Weintrinken. Kommt man sich bei einem guten Glas näher, knüpft man wichtige Kontakte. Die einem dann vielleicht mal verraten: Da und dort wird eine Sammlung aufgelöst. Clevere Weinsammler sind nämlich schnell vor Ort, wenn ein anderer Sammler das Zeitliche segnet. Und die Witwe schnell den Keller räumen will. So mancher Weinfreak hat schon als „Witwenschüttler" ein Vermögen gemacht!
Eine wichtige Quelle für Raritäten bilden auch die sogenannten Subskriptionen: Dabei kauft der Weinsammler direkt ab Château: Da die Güter über eine künstliche Verknappung bessere Preise erzielen, geben sie die Weine nicht in fertigem Zustand heraus, sondern wenn sie noch gar nicht fertig sind (was ihnen zusätzlich eine Absatzgarantie bringt). Man kauft also Weine, die noch gar nicht existieren – ohne zu wissen, ob sie gut sind oder miserabel. Egal, denn der Run auf die großen Châteaus wird weiter steigen! Ist der Wein schließlich abgefüllt, bekommt der Weinsammler seine „Wundertüte" geliefert.
Die Gastronomie ist eine wichtige Quelle für Weinsammler
Die letzte Quelle für große Weine – und zwar längst vergriffene Jahrgänge – stellt die Gastronomie dar. Denn gute Gastronomen legen immer Wert darauf, ihren Gästen eine breite Palette an edlen Tropfen anbieten zu können. So mancher Weinsammler reist dann quer durch Europa und kauft am Restauranttisch diese Weine zu dem Preis, der auf der Karte steht. Und zwar mit den Worten: „Bitte nicht öffnen!" Auch wenn der Preis überhöht wirkt – niedriger als der Marktwert ist er fast immer.
Die Gastronomen sehen diesen Ausverkauf nicht gerne, deswegen muss ein Hardcore-Sammler schon mal zum falschen Namen und einer Verkleidung greifen. Ach ja, und ordentlich Geld braucht er auch. Aber das dürfte für einen echten Weinsammler das geringste Problem sein ...