Als ich 19 war, packte ich meinen Rucksack und reiste nach Indien. Ich blieb sechs Wochen. Aber ein Teil von mir blieb für immer. Darunter: die sieben Kilo Körpermasse, die mich Tropenhitze und Bakterienbefall dort kosteten. Aber auch: der naive Teil von mir, der dachte, in Indien sähe es aus wie im „Dschungelbuch“. Und der altkluge Teil, der glaubte, die Welt schon durchschaut zu haben. Sowie der verschüchterte Teil, der sich nicht traute, wilde Träume einfach mal in die Tat umzusetzen.
Als ich zurückkam, war ich gleichzeitig mutiger und demütiger als zuvor, fühlte mich zur selben Zeit schlauer und dümmer. Ich war, verzeihen Sie das Klischee, ein anderer Mensch. Ein Sommer am Baggersee hätte dazu wohl eher nicht geführt. Nicht jede Reise hat eine lebensverändernde Wirkung. Das wäre auch ziemlich anstrengend. Die meisten sind einfach nur erholsam, manche mühsam, einige inspirierend, andere desillusionierend.
Das Schöne an jedem Trip ins Ungewohnte – ob drei Tage Tallin oder drei Wochen Tasmanien – ist aber: Du lernst da draußen nicht nur die Welt kennen, sondern auch dich selbst. Dazu kommt: Reisen verlängert die Lebenszeit. Das mag paradox finden, wer beim Gedanken an Flugreisen und tropische Garküchen eher Sorge als Freude empfindet, es ist aber wahr. Forscher sagen: Die Zeit scheint im Laufe des Lebens deshalb zunehmend schneller zu verstreichen, weil wir aufhören, Neues zu erleben.
Wenn wir neue Erfahrungen machen – der erste Kuss, der erste Rausch, die ersten fünf Minuten im Irrsinn von Mumbais Rushhour –, dehnt sich die Zeit. Andersherum schrumpft sie. Jetzt wissen Sie auch, warum Ihnen das letzte Wochenende zu Hause so kurz vorkam. Hauen Sie ab!