Autor & Fotos: Moses Arndt
Als ich die Chevrolet Chevelle SS 396 zum ersten Mal sah, war nicht mehr viel von ihr übrig. Genau genommen nur die Karosserie. Sie stand in der Bastler-Garage eines Kumpels in Rüsselsheim. Eigentlich hatte ich mir nie viel aus Autos gemacht, aber in dieses Muscle-Car war ich sofort verliebt. Die Form, das ausladende Heck, dieser Hintern! Die ganze Kiste: der Inbegriff von Coolness. „Ich brauche dieses Auto“, sagte ich zu meinem Kumpel.
Ein halbes Jahr lang schraubte er noch daran herum, dann gehörte es mir. Für 7000 D-Mark, etwa 3500 Euro also. Ein guter Preis. Vor allem angesichts all der Arbeit, die mein Kumpel investiert hatte. Er wusste offenbar, was er tat: Bis 2019 kam ich mit der Chevelle problemlos durch den TÜV. Gerade hat sie ein paar Macken. Aber hey, sie ist 53 Jahre alt.
Wie die Chevelle nach Rüsselsheim kam? Ich vermute, ein US-Soldat hat sie mitgebracht. Auf den Straßen von Frankfurt, Kaiserslautern und Rüsselsheim sah es früher ja aus wie in „Die Straßen von San Francisco“: überall coole US-Karren, die den hier stationierten Soldaten gehörten. Die GIs gingen irgendwann heim, die Autos blieben hier.
Ein Augenschmaus aus solidem Metall
Ich fahre mit der Chevelle nicht, um irgendwo anzukommen. Maximal 30 Kilometer weit von zu Hause weg, mehr mute ich ihr nicht zu. Ich fahre mit der Chevelle, um zu fahren: reinhüpfen auf die Vorderbank mit den drei Sitzplätzen, „The Doors“ oder guten Punkrock aufdrehen, entspannt cruisen, fantastisch. Dass Autos eine gewisse Wirkung auf Frauen entfalten, hielt ich früher für ein Klischee. Zwei Jahrzehnte am Steuer der Chevelle haben mich eines Besseren belehrt. Kennen Sie diesen Blick von Rentnern, die einer hübschen Frau nachsehen? Es gibt hübsche Frauen, die auf die gleiche Weise meiner Chevelle hinterherschmachten.
Als ich sie 1997 kaufte, lebte ich noch davon, ein Punk-Magazin namens „ZAP“ herauszugeben. Ich trug in den 90ern Igelfrisur, Nietenjacke und trat hin und wieder in Talk-shows als eine Art Vorzeige-Punk auf. Heute bin ich Hausarzt. Ein solider, seriöser Hausarzt, der nebenher wieder sein Punk-Magazin herausgibt und beim ärztlichen Haustermin ab und an mit seiner Chevelle vorfährt. Selten allerdings. Denn mit ihr läuft man immer Gefahr, den nächsten Termin zu verpassen. Nicht weil sie unzuverlässig wäre. Das Problem ist: Sie sorgt immer für zu viel Gesprächsstoff.
CHEVROLET CHEVELLE SS 396
Geschwindigkeit: 190 KM/H
Gewicht: 1550 KG
Beschleunigung: 0–100 km/h in 6,5 SEKUNDEN
Hubraum: 6489 CCM
Leistung: 325 PS
Neupreis (1967): 2825 US-DOLLAR
Wert heute: ca. 42.000 EURO
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