Der neue Levante Trofeo ist mehr als ein Auto. Er ist eine Botschaft. Und zwar in Richtung Maranello und Sant’Agata Bolognese. Sie lautet: Ab sofort spielt Modena wieder in der Lega dei campioni, also in der Champions League der italienischen PS-Weltmeister, mit. Zwar machte der Levante mit über 55.000 verkauften Einheiten seit Langem um die 50 Prozent der Verkaufszahlen von Maserati aus, aber mit dem 580-PS-SUV Trofeo kommt jetzt der leistungsstärkste Serien-Maserati auf den Markt, der bis dato gebaut wurde. Dieser Anspruch wird schon optisch durch die aggressiv dunklen Kühlergrill-Lamellen und Seitenschweller in Carbon unterstrichen – genauso wie durch die rot angestrichenen Zylinderköpfe und die ebenfalls aus Carbon bestehende Motorhaube des eindrucksvollen V8-Aggregats.
Streitigkeiten um den schnellsten und besten Sportwagen haben Tradition in Italien. Bereits in den 1930er-Jahren traten die Brüder Maserati auf Rennen wie der Targa Florio gegen den etablierten Hersteller Alfa Romeo an. In den 1940er-Jahren trennte sich dann der damalige Motorsportchef Enzo Ferrari von Alfa Romeo, um lieber unter eigener Flagge den perfekten Sportwagen zu bauen. Dies führte in den 1950er-Jahren zu einem heftigen Kampf zwischen Ferrari und Maserati auf einermgerade erst neu etabliertenmWeltmeisterschafts-Rennserie namens Formel 1. Und weil in den 1960er-Jahren Ferrari einem Traktorenhersteller namens Ferruccio Lamborghini angeblich kein Fahrzeug nach dessen Gusto liefern konnte, baute dieser kurzerhand selbst seinen eigenen Sportwagen. Seitdem gilt die Region der Emilia-Romagna zwischen Modena, Maranello und Sant’Agata Bolognese als das PS-Delta Italiens.
Mit dem Levante läutete Maserati 2016 die Schlacht um das schnellste Premium-SUV ein. Lamborghinis Antwort zwei Jahre später war brutal und gnadenlos. Dank seiner 650 PS gab es mit dem Urus zum ersten Mal ein SUV, bei dem das S aus Sport Utility Vehicle wirklich für kompromisslose Sportlichkeit stand. Eine neue Kategorie der Super-SUVs entstand. Dies konnte und wollte Maserati nicht auf sich sitzen lassen und präsentierte nun seinerseits mit dem Levante Trofeo eine sehr scharf formulierte Antwort. Der Clou: Der 3,8-Liter-Twin-Turbo-Achtzylinder wird in Maranello gebaut, im Haus des Fiat-Schwesterunternehmens Ferrari.
Um Kollateralschäden zu vermeiden, begeben wir uns auf ein abgelegenes Flugfeld in der Nähe von Modena. Hier können wir die volle Gewalt der 730 Newtonmeter in Drift- und Beschleunigungsmanövern austesten, ohne andere Verkehrsteilnehmer zu gefährden. Wir beginnen mit der Launch Control: Dafür schalten wir das Fahrzeug zunächst in den „Corsa“-Modus. Das hat nichts mit dem gleichnamigen Fahrzeug aus Rüsselsheim zu tun, sondern mit dem italienischen Wort Corsa, das Rennstrecke bedeutet. Ich tippe zweimal das linke Paddel am Lenkrad an und drücke mit dem linken Fuß das Bremspedal durch. Das Display hinter dem Lenkrad wechselt nun in den „Launch Control“-Modus, und ein Balken zeigt an, mit wie viel Druck ich auf der Bremse stehe. Mindestens 90 Bar sind nötig, und sobald ich diese erreiche, erscheinen die Worte „Gaspedal ganz durchtreten“ auf dem Display. Das lasse ich mir nicht zweimal sagen.
Ich drücke mit dem rechten Fuß das Gaspedal voll durch, bis der analoge Drehzahlmesser bei circa 3000 Umdrehungen liegt. Dann gehe ich mit einem schnellen Ruck von der Bremse, und das Auto beschleunigt, wie vom Dreizack gestochen, nach vorn. In nur 4,1 Sekunden ist der 2,2 Tonnen schwere Brocken bei 100 km/h, nach 10 Sekunden und etwa 170 km/h erreiche ich bereits das Ende des Rollfeldes. Schade, denn rein theoretisch knackt der Levante Trofeo sogar die magische 300-km/h-Grenze. Das sind zwar fünf km/h weniger als sein Konkurrent Urus, aber wer nimmt das bei diesen Geschwindigkeiten schon so genau? Auch in der Querlage macht der Italiener eine Bella Figura. Im „Corsa“-Modus sind ESP und Traktionskontrolle weitestgehend deaktiviert, und der Allradantrieb lenkt fast die gesamte Kraft nach hinten, sodass das Heck bei jedem Lenkradeinschlag eine fantastische Eigendynamik entwickelt, ohne jedoch den Fahrer zu überfordern.
Mit dem Levante Trofeo ist Maserati der Einstieg in die Liga der Super-SUVs mehr als geglückt. Damit liegt der Ball wieder in Maranello. Denn spätestens 2022 will Ferrari nicht nur Motoren an die Schwesterfirma liefern, sondern mit dem Purosangue ein eigenes Super-SUV jenseits der 700-PS-Grenze auf den Markt bringen. Es bleibt spannend in der italienischen PS-Liga.
Unser Autor testete den Wagen auf Einladung des Herstellers.
Geschwindigkeit
300 km/h
Leistung
580 PS
Drehmoment
730 NM
0–100 km/h
4,1 Sekunden
Hubraum
3799 ccm
Gewicht
2170 kg
Preis
155.000 Euro
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