Ganz nüchtern betrachtet: Der Macan GTS wahnsinnig. Ein Alltags-Extremist, der Emotionen auf der Straße hochkochen lässt. Nicht nur beim Fahrer. Dazu kommen wir noch. Eher bei den immer noch zahlreichen Freitags-Demonstranten und Fahrradkurieren im heimischen Berliner Osten. SUV?
Da hört man förmlich schon die Schlüssel am silberfarbenen Lack kratzen. Umso dankbarer bin ich, das kompakte Super-Sport Utility Vehicle auf auf portugiesischen Küstenstraßen durchtreten zu können. Ganz ohne Anfeindungen. Dafür mit engen Serpentinen und leeren Geraden.
Auf denen teste ich schon beim ersten Anfahren das Porsche-Feature, das die Netzgemeinde wiehern lässt: die Launch Control. „Sport plus“-Modus in Rädchen geklickt, linken Fuß auf die Bremse, rechten aufs Gas pressen. LAUNCH CONTROL ACTIVATED. Bogen gespannt, Bremse schnappen lassen: Abschuss. In 4,7 Sekunden grölt sich der V6-Biturbo auf 100 km/h. Ja, das ist youtube-würdig.
Bis jetzt kannte ich dieses kleine Extra mit großer Wirkung nur vom 991 GT3. Um es auf Neuköllsch zu sagen: Der Macan GTS rasiert damit an der Ampel so ziemlich jeden. Nach einem überschwänglichen Start: Was macht den Macan GTS so besonders? Er ist nunmal der Porsche unter den sportlichen „Mini-SUVs“. 2,9-Liter-Biturbo, 520 NM, 380 PS. Um 20 PS zum Vorgänger-Modell aufgestockt.
Heißt: Neben dem AMG GLC und SQ5 gibt er sich noch leistungswilliger und streckennäher. Natürlich, die selbstbewussten Kosten. Ab 78.000 Euro ist er zu haben. Viel? Alles relativ. Denn Porsche-intern avanciert der GTS zum starken Konkurrenten des Macan S samt Sportpaket und Macan Turbo, der zwar mehr PS und noch schnellere Beschleunigungswerte mitbringt.
Aber, unter uns: 0,4 Sekunden Differenz? Mir fällt es nicht auf. Langsam werden die Kurven enger. Und die Euphorie größer. Exakt greifen die Grauguss Bremsen. Genauso, wie man es von Porsche erwartet. Etwa zehn Kilo könnte man man beim Upgrade von der Grauguss zur Keramik, von roten zu gelben Bremssätteln, noch sparen. Nicht nur plastische Chirurgie, sondern ein wichtiger Eingriff.
Gerade bei einem 2,4-Tonnen-Wagen. Kompaktes SUV? Mit fast fünf Metern entwächst er seiner Klasse wohl etwas. Durch seinen Charakter, sowieso: die Lenkung ist so direkt, das 15 Millimeter tiefer gelegte PASM-Fahrwerk so dynamisch abgestimmt, dass Abmessungen völlig egal werden. Der Macan GTS reagiert wie ein Roadster. Und klingt so. Die GTS-angepasste Sportabgasanlage verspricht, was der V6 hält. Ein Schalter, um sie noch ein wenig sonorer brummen und jegliches Understatement fahren zu lassen?
Liegt gleich auf der Mittelkonsole. Was das nächste auffallend unauffällige Detail offensichtlich macht: Schalter! Echte, manuelle Tasten stemmen sich gegen den Touchscreen- Trend. Sinnvoll arrangiert, auch bei hohem Tempo schnell griffbereit und visuell stimmig ins GTS-typische, dunkel gehaltene Cockpit eingepasst. Synthesizer, Vinyl, Autos – geht alles digital. Macht analog aber mehr Spaß.
Zudem zieht sich, wie für GTS-Modelle üblich, eine dunkle Linie durch Exterieurs. Schwarze Leuchten, schwarze Elemente, schwarze RS Spyder Design Zwanzigzöller. Eigentlich schwärzt man, was keiner sehen soll. Porsche denkt anders. Ursprünglich sollen GTS-Modelle mehr Komfort in GT-Fahrzeuge bringen.
Auch hier denkt Porsche für den Macan noch einmal um: und dopt sportlichen Komfort noch einmal bis zur Unkenntlichkeit. Bevor ich mir ein letztes Mal eine freie Strecke suche, um die Launch Control zu aktivieren, bleibt nur zu sagen: Der Macan GTS ist kein SUV. Er ist ein präziser Sportwagen. Klingt so. Fährt so. Ist so. Vielleicht versöhnt ihn das ja sogar mit den SUV-Gegnern.
Unser Autor testete den Wagen auf Einladung des Herstellers.
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