Patrick Esume: „Football ist für alle da – nicht nur für Männer“

Der Football-Experte Patrick Esume
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Am 5. und 12. November ist Deutschland wieder im Football-Fieber. Dann werden zwei NFL-Games im Frankfurter Deutsche Bank Park ausgetragen: Erst spielen die Kansas City Chiefs, die amtierenden Superbowl-Champs mit Star-Quarterback Patrick Mahomes gegen die Miami Dolphins, eine Woche später geht's für die New England Patriots gegen die Indianapolis Colts. Football-Experte, Ex-Spieler und TV-Moderator Patrick Esume spricht im Playboy-Interview über die bevorstehenden Top-Games und den deutschen Football-Hype.

Herr Esume, bald dürfen wir uns über zwei NFL-Spiele in Deutschland freuen. Was erwarten Sie sich von ihnen?

Sportlich gesehen zwei richtig geile Spiele: Mit den Kansas City Chiefs haben wir den amtierenden Superbowl-Champ zu Gast. Und sowohl die Chiefs als auch die Dolphins kommen mit zwei der heißesten Quarterbacks der NFL. Das andere Spiel ist so cool, weil die Patriots aufgrund ihrer Vergangenheit mit Tom Brady eine große Fan-Gemeinde hier haben. Aber das Beste ist natürlich die ganze Stimmung und das Drumherum.

Und auf welchen NFL-Star freuen Sie sich am meisten?

Auf mehrere! Natürlich will man Patrick Mahomes von den Chiefs sehen. Er ist der beste Quarterback in der NFL. Aber auch Tyreek Hill von den Dolphins, der schon im Season-Opener bewiesen hat, dass er in Top-Form ist. Der Typ hat eine absurde Geschwindigkeit. Er sieht selbst in der schnellsten Liga des Planeten aus, als wäre er im Zeitraffer.

Letztes Jahr hätte man allein für das Spiel in München drei Millionen Tickets verkaufen können. Und auch dieses Jahr war der Ansturm enorm. Wie erklären Sie sich das?

Das Produkt stimmt. Der Sport wird von der NFL genial medial aufbereitet: egal, ob im Fernsehen oder in den sozialen Medien. Du kommst gefühlt ganz nah ran. Dazu kommt das Erlebnis vor dem und im Stadion. Football ist für alle da und keine Männerdomäne. Ich nehme jetzt mal die Zahlen aus der European League of Football: Hier sind 40 Prozent der Zuschauer weiblich. Beim Fußball sieht das anders aus.

Wenn man auf die Fernsehquoten guckt, ist Football aktuell die zweiterfolgreichste Sportart in Deutschland …

Die ganze Geschichte begann 2015 mit der Live-Übertra-gung der gesamten NFL-Saison. Das war der Kickstarter. Der Football kam so immer mehr in den Mainstream. Natürlich kannten viele vorher schon die NFL und den Super­bowl, aber dass du die Möglichkeit hast, die Spiele jeden Sonntag im Free-TV zu sehen – so wie jetzt auch bei RTL –, das macht den Sport einfach zugänglich.

Warum kommt die NFL für die zwei Spiele überhaupt nach Deutschland?

Ich glaube, die NFL hat bereits kommuniziert, dass Deutschland der zweitwichtigste Markt außerhalb Amerikas ist, wenn es um TV-Geld und Merchandise geht.

Beim Fußball kritisieren wir häufig den Kommerz. Wie passt das zusammen?

Die NFL basiert nicht auf dem Vereinskonstrukt, sondern ist eine Sport-Entertainment-Liga. Das ist ein großes Business. Es gibt keinen Aufstieg, keinen Abstieg, es gibt ein Draft-System und eine Gehaltsobergrenze.

Klingt erst mal gar nicht so stark nach Kommerz.

Es geht gerecht zu. Das klingt nicht kapitalistisch, ist es aber. Die NFL hat verstanden: Wenn du ein spannendes Produkt liefern willst, brauchst du Regularien wie eine Gehaltsobergrenze, du brauchst Play-offs und brauchst Parität zwischen den Teams, damit es nicht zwölfmal hintereinander denselben Meister gibt. Ein System, das ich übrigens sehr begrüße – deshalb haben wir in der European League of Football, der ELF, ein ähnliches System.

Sie sind Commissioner der ELF und haben diese 2021 mit dem Medienmanager Zeljko Karajica gegründet. Haben Sie den Football-Hype in Deutschland hierfür genutzt?

Ja, natürlich. Ich war ja mal Trainer in der NFL Europe. Heißt, ich habe schon mal professionellen Football in Europa miterlebt. Nachdem die NFL Europe 2007 verschwunden war, hatte ich den Gedanken, europäischen Football aufs nächste Level zu holen, immer im Kopf. Das hat sich dann 2016 konkretisiert. Als die NFL schließlich im Mainstream ankam, war die Zeit reif.

An der ELF nehmen aktuell 17 Teams aus 10 Ländern teil. Wie soll das Ganze in Zukunft aussehen?

Es soll 24 Teams aus vielleicht 15 Ländern geben. Ziel ist es dann, aus dieser professionalisierten eine vollprofessionelle Liga zu machen. Und den europäischen Football in den Mainstream zu holen.

Nun gibt es in Deutschland ja bereits eine Football-Liga: die GFL. Hier kam Ihr Vorhaben zunächst nicht gut an. Ihnen wurde vorgeworfen, die Franchises und die Liga würden sich der vorhandenen Strukturen bedienen und sie für wirtschaftliche Interessen ausnutzen. Was sagen Sie dazu?

Das hat sich Gott sei Dank geändert (lacht). Es gibt jetzt einen guten und offenen Dialog zwischen dem AFVD, dem Verband, dem die GFL untersteht, und der ELF. Und es gibt jetzt das Agreement, gemeinsam da­- ran zu arbeiten, unseren Sport nach vorne zu bringen.

Das heißt, beide Ligen stehen nicht in Konkurrenz zueinander?

Nein.

Nun bezeichnen sich ja die Super-bowl-Gewinner als Weltmeister. Wird das im Hinblick auf die Entwicklung der ELF weiterhin berechtigt sein?

Ja (lacht). Alles andere wäre, als würde man mit dem Fahrrad bei der Formel 1 aufkreuzen.