Nina Habres, Playboy-Redakteurin, findet: Mit seinen Fäusten zeigt ein Mann nicht, wie stark er ist. Er beweist nur, wie schwach er sein kann
Es gibt nur eine Handlung, mit der sich Gewalt rechtfertigen lässt: Notwehr. Da sind das Strafgesetzbuch und ich uns einig. Ansonsten ist Gewalt niemals okay. Ganz egal, aus welchem Grund – ob Politik, Sport oder Alkohol. Oder Frauen. Ja, auch Männer, die sich ohne Notwehr-Notwendigkeit für ihre Frauen prügeln, übersteigen mein Verständnis – ähnlich wie Fußball-Fans, die sich wegen eines Elfmeters schlagen. Für Dinge, die ich auch selbst regeln oder sogar ignorieren kann, sollte niemand die Fäuste sprechen lassen. Die absolute Spitze des Missverständnisses aber markieren Männer, die sich um Frauen schlagen. Wir sind keine Pokale, die sich im Faustkampf gewinnen lassen! Und blind sind wir auch nicht.
Zwar bilden manche Männer sich ein, während einer Schlägerei auszusehen wie Bruce Willis in „Stirb langsam“ – stark, furchtlos, souverän. In Wahrheit aber sehen sie im Aggro-Modus nur nach dringendem Bedürfnis aus: unbeholfen, hochroter Kopf, verzerrtes Gesicht. Männlichkeit ist das Letzte, woran ich dabei denke. Mit seinen Fäusten zeigt ein Mann nicht, wie stark er ist. Er beweist nur, wie schwach er sein kann. Und dass er nicht verstanden hat, worum es bei einem Streit geht: um eine Lösung. Oder ums Rechthaben. Und dass er mit Gewalt keines von beiden erreicht. Jedenfalls bei mir nicht. Wir leben ja nicht mehr in Höhlen im Urwald. Wir sind der Sprache mächtig, Hände und Füße haben zur Verständigung längst ausgedient. Wir können Konflikte ausdiskutieren – oder auch mal mit dem verbalen Florett eine Beleidigung formulieren, die tiefer sitzt als jeder Schlag. Und die trotzdem nicht strafbar ist. Ganz schön elegant, oder?
Mareike Opitz, Playboy-Redakteurin, findet: Ja doch, welchen vernünftigen anderen Grund gibt es sonst?
Ob ich das jetzt wirklich so richtig ernst meine, wollten die Kollegen mit interessiert-entsetztem Unterton von mir in der Konferenz wissen. Ob ich tatsächlich finde, dass Männer sich für Frauen prügeln dürfen? Aber ja doch, bitte los, welchen vernünftigen anderen Grund gibt es denn sonst?
Wenn es darauf ankommt, möchte ich keinen Lauch neben mir stehen haben, der sich lieber schnell zum Schuhebinden bückt – in der Hoffnung, dass sich alles schön von selbst geregelt hat, wenn er wieder hochschaut. Und auch wenn ich mich sonst durchaus als friedensbewegt und emanzipiert beschreiben würde: Die Grenze, ab der mein Begleiter ruhig ein bisschen was Handfesteres als seine Skills im Wortgefecht zeigen darf, verläuft für mich deutlich vor der klassischen Notwehr-Situation. Ich möchte nämlich nicht nur nicht auf offener Straße verbluten.
Ich möchte zum Beispiel auch nicht, dass mir jemand mit schmierigen Händen an den Hintern packt oder meine Kinder im Freibad fotografiert. Das soll natürlich trotzdem kein Fightclub-Freibrief sein. Der Mann an meiner Seite ist nicht allein darum schon so lange dort, weil er weiß, wie man die Ärmel zurückschiebt und eine Faust macht. Sondern auch deshalb, weil er nicht alle drei Tage zur Einschätzung kommt, dass das absolut notwendig ist.
Der Dschungel lehrt uns: Kein ordentlicher Silberrücken ist den ganzen Tag damit beschäftigt, den anderen Gorillas auf die Rübe zu klopfen. Um Angreifer in die Schranken zu weisen, reicht in der Regel ein Aufbäumen, ein intensiver Blick, das Absondern von Duftstoffen, die seine Bereitschaft zur Aggression signalisieren. Und wer’s dann nicht verstanden hat, ist auch irgendwie selbst schuld.