Als diese seltsame Corona-Zeit begann, freute ich mich sogar über manche Veränderung. Es wurde plötzlich akzeptiert, allein oder in Video-Chats mit Freunden zu trinken. Vorher waren 1-Mann-Gelage bloß Zeichen dafür, dass man ein Alkoholproblem hatte, was nur bei Harald Juhnke sympathisch rüberkam. Ein Feierabendbier gönnte ich mir bisher nur in Gesellschaft meiner Kollegen oder aber – typisch bayerisch – zur Brotzeit.
Die neue Akzeptanz gefiel mir anfangs, doch leider hielt die Begeisterung nicht lange an. Denn was den Home-Suff theoretisch so lässig erscheinen lässt, entpuppt sich in der Praxis als Nachteil: Man macht sich nicht mehr chic, man trifft keine fremden Menschen, und es gibt keinen abenteuerlichen Nachhauseweg. Kurz gesagt: Daheim zu trinken ist komplett öde. Mir fehlt es, bei einem Whisky Sour in meiner Lieblingsbar Leute zu beobachten. Ich vermisse es, in einer lauten, muffigen Kneipe bei der vierten Halben mein Gegenüber anzubrüllen. Selbst das überteuerte Stadionbier im blöden Plastikbecher wünsche ich mir zurück.
Und zu allem Überfluss sprechen auch noch die wirtschaftlichen Zahlen gegen alkoholische Heimspiele: Zwar wird während eines Lockdown mehr gesoffen, viele Bars und kleine Brauerein aber bleiben auf der Strecke, da sie hauptsächlich von Schankbier leben. Gewinner sind die Großbrauereien und ihre Einheitsplörre. So droht nach der Pandemie die nächste Katastrophe: eine alkoholische Monokultur.
Daher mein Rat: wenn schon zu Hause trinken, dann bitte Bier von bedrohten Brauereien. Und wenn das alles durchgestanden ist, treffen wir uns auf einen Drink oder zwei in der nächsten Bar. Prost!