Es gab eine Zeit, da waren die Simpsons für mich ein wichtiger Bestandteil meines Alltags. Von Montag bis Freitag gab es vorabendlich nichts anderes für mich, außer den Abenteuern der gelben Provinzler aus Springfield. Die Simpsons waren für mich Kulturgut. Berühmte Sätze wie "Der Atem meiner Katze riecht nach Katzenfutter", "Nukular – das Wort heißt Nukular!" oder "Iss den Pudding" zitierten wir im Freundeskreis zu jeder denkbaren Gelegenheit – und es passte irgendwie fast immer.
Folgen wie "Homer in New York" oder "Atomkraftwerk zu verkaufen" trieben mir mehrfach vor Lachen die Tränen in die Augen. Doch schon ab der 12. Staffel sank das Niveau der Gags massiv ab. Die Lacher wurden immer seltener und irgendwann waren die Simpsons nicht mehr Teil meines Alltags.
Homer wird zum Redneck
Homer Simpson avancierte vom einstigen Held der Arbeiterklasse, der stets mit den Tücken des Systems zu kämpfen hatte, zum vertrottelten White-Trash Redneck. Die Witze wurden flacher, die Überraschungseffekte verloren sich in endlosem Klamauk. Die Handlung der einzelnen Folgen wurde immer abgedrehter und absurder. Statt satirischer Untertöne gab es Doofmann-Slapstick, triefend von naivem Holzhammer-Humor und Impertinenz.
Den traurigen Tiefpunkt erreichte die Serie in Staffel 17, als im Zuge der Synchronisationsarbeiten Elisabeth Volkmann starb – die Stimme von Marge Simpson. Ihr Ersatz wurde die deutsche Schauspielerin Anke Engelke.
Sie orientierte sich zwar zunehmend am Original, schaffte es aber nie, die passende Stimme für den Charakter von Marge zu formen. Ab Ende 2006 wirkte die Rolle aufgesetzt und erzwungen. Gewöhnen konnte ich mich daran nie – meine Freunde hatte zu diesem Zeitpunkt die Serie schon längst aufgegeben. Auch ich empfand Matt Groenings „Futurama“ bereits zu diesem Zeitpunkt erfrischender, geistreicher.
Es fehlt die Gesellschaftskritik
Doch nicht nur die unpassende Synchronisation ist schuld daran, dass die Simpsons von einst mit der heutigen Serie fast nichts mehr gemeinsam haben. Der herrliche Sarkasmus, die maßgebende Ironie und die subtile Gesellschaftskritik der Folgen hat sich verwässert.
Die Figuren sind wie die Geschichten festgefahren, Entwicklungen finden kaum noch statt. Die einstigen Zeichentrick-Rebellen sind nur noch durchschnittliche TV-Kost. Langweilig herkömmlich und eine Show unter vielen anderen.
Die Simpson haben den Zenit ihrer Qualität schon lange überschritten. Die neuen Folgen kommen noch nicht mal ansatzweise an die Couchgags der alten Staffeln heran. Gesellschafts- oder politkritische Nuancen findet man kaum noch, stattdessen werden die Figuren in die unwahrscheinlichsten Situationen versetzt. Ein kläglicher Versuch, einen Spannungsbogen aufzubauen. Alles wirkt erzwungen.
Homer, wir vermissen dich!
Dazwischen jagt ein dummer Spruch den nächsten, eine absurde Szene die andere. Es ist Zeit, dass Matt Groening die Simpson endlich in Rente schickt. Wenn ich mir heute mal wieder eine Simpsons-Folge ansehe, dann frage mich, wo nur die Zeiten geblieben sind, als sich Homer verzweifelt auf die Suche nach einem Weihnachtsgeschenk für seine Familie machte, oder als er widerwillig mit Marge, Lisa, Bart und Maggy nach New York reisen musste, weil Barney im Suff sein Auto am Times Square geparkt hat. Diesen Homer würde ich gerne mal wieder sehen.