Nina Habres, Playboy-Redakteurin, findet: Urlaub für die Seele braucht nur Zeit mit der eigenen
Mein erster Solo-Trip führte mich nach Bangkok. Ich war 20 Jahre alt und nach zwei Tagen und einer durchzechten Nacht, verzeihen Sie die Wortwahl, am Arsch. Den Morgen danach verbrachte ich nämlich im Krankenhaus: Ich riss mir beim Tanzen eine Sehne im Fuß, musste operiert werden, vier Monate an Krücken gehen. Mein Auslandssemester in Thailand ging fünf Monate und hatte eben erst begonnen.
Ja, das war, gelinde gesagt, suboptimal. Ich war nie zuvor in Asien (die Einkaufszentren sind riesig), musste meine Wohnung wohntauglich machen (Haben Sie mal mit Krücken einen Einkaufswagen geschoben?) und kannte keine Menschenseele (ist gar nicht mal so leicht). Dafür lernte ich mich – zwar weniger dank „Eat, Pray, Love“ als dank „Eat, Pray, Survive“ – ziemlich schnell ziemlich gut selbst kennen. Mein Energie-Level? Unendlich. Mein Mindset? Entspannter, als ich es mir je zugetraut hätte. Meine Anpassungsfähigkeit? Enorm. Mein Maß an Selbstständigkeit? Wenn’s eine Steigerung von enorm gibt, dann die.
Aus meinem Selbstständigkeits-Bootcamp zwischen Gips, Blasen an den Händen und halbmeterhohen Bordsteinen resultierte eine Unabhängigkeit, die ich bis heute wertschätze. Und aus der Zeit, die ich mit mir selbst verbrachte, die Erkenntnis, dass Alleinsein weniger Strafe als Privileg ist. Beides feiere ich auch acht Jahre später noch regelmäßig. Erst kürzlich unternahm ich einen Städtetrip nach Barcelona. Von den Sehenswürdigkeiten dort habe ich keine einzige gesehen, bestand ja auch keiner drauf. Stattdessen lief ich immer der Nase nach, starrte stundenlang aufs Meer oder verschlang ganze Bücher auf Terrassen von Tapas-Bars. Urlaub für die Seele? Dafür braucht man nur Zeit mit der eigenen.
Alexander Neumann-Delbarre, Playboy-Reporter, findet: Es gibt Ideen, die gut klingen, aber zu unerfreulichen Ergebnissen führen – alleine zu verreisen, etwa
Die längste Woche meines Lebens verbrachte ich vor einigen Jahren in Malaysia. Sie begann damit, dass ich die drei Freunde, mit denen ich zuvor durchs Land gereist war, zum Busbahnhof von Penang brachte. Sie flogen heim. Ich hatte noch eine Woche in Malaysia vor mir. Allein. Und voller Pläne. Zunächst: Altstadt ansehen, T-Shirts kaufen, lokales Streetfood probieren. Tat ich auch alles. Nur machte es allein erstaunlich wenig Spaß. Als ich danach auf die Uhr sah, war es gerade mal eins. Und ich fühlte mich schon einsam. Gegen drei war ich schwermütig, um vier verzweifelt.
In einem Laden fand ich ein einziges deutschsprachiges Buch: „Anpfiff“, Toni Schumachers Bestseller von 1987. Ich war so dankbar. Toni brachte mich durch die ersten zwei Tage. Dann lernte ich zum Glück einen Engländer kennen, an den ich mich für den Rest der Woche klammerte, als wäre ich fünf und er der PaddingtonBär. Seit Malaysia weiß ich: Man muss der Typ sein fürs Alleinreisen.
Es gibt sie, Menschen, die glücklich damit sind, morgens nur mit einem Banana-Pancake den Tisch zu teilen. Die einen Sonnenuntergang allein genauso genießen können wie zu zweit. Die niemanden brauchen, der über ihre Witze lacht. Begegnet bin ich ihnen selten. Häufiger traf ich Alleinreisende, die etwas zu sehr darum bemüht schienen, per Solo-Trip zu sich selbst zu finden (erkennbar an Büchern wie „Eat, Pray, Love“ im Gepäck). Oder Alleinreisende, die dann doch über jede Gesellschaft froh waren (erkennbar an Büchern wie „Anpfiff“ im Gepäck). Es gibt Ideen, die schlecht klingen, aber zu erfreulichen Ergebnissen führen. Zum Beispiel Pizza Hawaii. Und es gibt den umgekehrten Fall. Dazu gehört für mich, allein zu verreisen.