Der Vorschlag, shoppen zu gehen, ist für mich ähnlich attraktiv wie die Ankündigung einer Wurzelbehandlung. Sagen wir so: Ich verbinde mit der Idee ein eher unangenehmes Gefühl – Geschäfte voll mit hektischen Menschen, lauter Fahrstuhlmusik oder hippem Plastik-Gedudel und dazu der chemische Geruch fabrikneuer Textilien in der Luft. Dazu die Frage: Was suche ich eigentlich hier, und wann hört es auf?
Dabei mag ich schöne Kleidung und finde es wichtig, nicht im Gammel- Look auf die Straße zu gehen. Vermutlich ist es eine Art unverarbeitetes Kindheitstrauma von mir. Denn noch heute fühle ich mich beim Shoppen wie beim Zahnarzt permanent einer Expertenmeinung und körperlichen Übergriffen ausgeliefert. Verkäufer, die einem an der Hose herumzuppeln und Komplimente machen, obwohl man sich fühlt, wie man in einer neuen Hose aus dem Regal eben aussieht, haben bei mir Spuren hinterlassen. Klar, es gibt auch sehr angenehme Verkäufer, aber es gibt ja auch nette Zahnärzte.
Trotzdem erkennen manche Menschen das Shoppen als Freizeitbeschäftigung an – die zumeist ziellose Klamottensuche in der Fußgängerzone, unterbrochen von Verkleidungsspielen für Erwachsene: „Wie sehe ich damit aus?“ Es tut mir leid für den Einzelhandel, aber Kleidung kaufe ich nur noch online. Schließlich wurden Kleidergrößen erfunden, damit ich nicht drei verschiedene Ausführungen anprobieren muss. Und wenn ich einmal weiß, was ich will, möchte ich nicht lange suchen und mir ungebetene Tipps anhören. Nur für ganz spezielle Dinge sollte man das Haus zwingend verlassen. Für die erste echte Lederjacke etwa oder einen guten Smoking. Ansonsten gilt: Nie wieder Hosenzuppeln! Nie wieder Nervenkrieg!
Playboy-Redakteur Michael Brunnbauer ist gänzlich anderer Meinung. Lesen Sie hier seinen Gegenkommentar.