Sie können keinen Marathon laufen, wenn der Körper nicht mitmacht. Und Sie können ebenso wenig einen laufen, wenn der Körper zwar mitmacht, der Kopf aber nicht. Um die eigene Willenskraft zu stärken und dabei auch die physische zu Gesundheit unterstützen, setzen immer mehr Menschen auf die sogenannte Wim-Hof-Methode.
Was ist die Wim-Hof-Methode?
Die Wim-Hof-Methode geht zurück auf den niederländischen Extremsportler Wim Hof. Hof, auch als „Iceman“ bekannt, hält er den Rekord für das längste Eisbad. Auch rannte er schon mal barfuß und in Shorts einen Marathon oberhalb des Polarkreises. Seine Erfolge führt der 64-Jährige dabei auf die von ihm entwickelte Methode zurück, die sich – neben dem regelmäßigen Aussetzen von Kälte in Eisbädern – auch auf eine bestimmte Atemtechnik, die Wim-Hof-Atmung, stützt. In diesen Zeiten, in denen unser Fokus immer weiter in Richtung Gesundheit rückt, erlebt die Methode indes einen regelrechten Hype. Weltweit setzen Menschen inzwischen auf die Wim-Hof-Methode. Von „Iceman“ ausgebildete Instruktoren bringen ihnen die Methode in Workshops näher.
Wim-Hof-Methode: Warum sollten wir bewusst auf unsere Atmung achten?
Hollywood-Größen wie Harrison Ford und Jim Carrey schwören auf sie, Big-Wave-Surfer Laird Hamilton und Schwimm-Star Michael Phelps ebenso: Breathwork – also die Arbeit mit dem Atem – pusht uns zu Höchstleistungen, unterstützt unsere Gesundheit und senkt nebenbei den Stress. Daher ist Breathwork auch ein wichtiger Bestandteil der Wim-Hof-Methode.
Doch warum ist es überhaupt so wichtig, sich aktiv mit der Atmung zu beschäftigen? Immerhin atmen wir den ganzen Tag, ohne darüber nachzudenken. „Dass wir trotzdem an unserer Atmung arbeiten sollten, hängt mit unserem Lebensstil zusammen“, erklärt Moritz Ross. Seit rund drei Jahren ist er zertifizierter Wim-Hof-Instructor, mit seiner Partnerin und Yoga-Instructorin Ameli Neureuther gründete er zudem das Workshop-Format „Embrace Your Breath“. „Wir sitzen den ganzen Tag leicht gebeugt vor dem Rechner, was dazu führt, dass unser Zwerchfell nicht bewegt wird. Außerdem ist unsere Atmung eng mit den Emotionen verbunden: Bin ich den ganzen Tag gestresst, wütend oder traurig – oder alles gleichzeitig –, dann atme ich sehr schnell und sehr flach, ähnlich wie beim schnellen Gehen. Wenn ich dabei aber mit eingefallenem Zwerchfell auf dem Stuhl sitze, kann das zu langfristigen Gesundheitsschäden führen.“
Sich über den Tag bewusste Pausen einzuräumen, in denen man wortwörtlich durchatmet, kann wie ein Reset auf den Körper wirken.
Richtig atmen: So funktioniert die Atmung bei der Wim-Hof-Methode
Bei der Wim-Hof-Atmung geht es darum, dem Körper erst maximal viel Sauerstoff zuzuführen, bevor man ihn kurz in einen milden Sauerstoffmangel versetzt. Dafür atmet man liegend in mehreren Runden intensiv ein und aus.
„Der Fokus liegt auf dem Einatmen durch die Nase in Bauch, Brust und Kopf, bevor man durch den Mund wieder ausatmet. So nimmt man 30 bis 40 tiefe Atemzüge, bei dem sich Bauch und Brust gerne sichtbar heben und senken dürfen“, erklärt Moritz Ross. „Danach atmet man die Luft einmal komplett aus und hält die Atempause mit leeren Lungen so lange es sich gut anfühlt. Kommt der natürliche Atem-Impuls, atmet man wieder ein, hält den Atem für 15 Sekunden und atmet dann die Lungen erneut komplett leer. Dann hat man eine Runde geschafft.“ Drei bis vier Runden sind laut dem Experten für Einsteiger gut machbar.
Richtig atmen: Das bringt die Wim-Hof-Atmung
Idealerweise praktiziert man die Wim-Hof-Atmung morgens, um sich einen Energie-Push für den Tag zu verpassen. Denn streng genommen, setzt man seinen Körper hierbei kurzzeitig unter Stress. „Atmet man während der Runden intensiv ein und aus, schüttet der Körper Adrenalin aus. Das ist zwar ein Stresshormon, wirkt in dieser Dosis aber positiv als Antritt für den Tag. Den Effekt des in der Atempause ausgelösten, milden Sauerstoffmangels kann man mit dem eines Höhentrainings vergleichen“, sagt Moritz Ross.
Wie sich die Atmung auf den Körper auswirkt? „Nach der Atmung stellt sich ein Gefühl der Wachheit und der Dankbarkeit ein. Denn durch sie wird das sympathische und das parasympathische Nervensystem in Balance gebracht: Das Adrenalin weckt auf, die Atempause mit leeren Lungen beruhigt dann den Herzschlag und wirkt beinahe meditativ.“
Das Resultat sind ein aufgeweckter Körper und ein wacher Geist, ein gesunder Hormonhaushalt und eine stetig wachsende innere Stärke. „Denn wer lernt, seinen Körper mithilfe der Atmung zu aktivieren, lernt, die Kontrolle über sein Leben zu behalten“, erklärt Moritz Ross. „Lange dachte man, das autonome Nervensystem, das auch Schweißproduktion und Herzschlag steuert, sei nicht beeinflussbar. Ist es aber – und zwar durch die Ausschüttung von Adrenalin. Stoße ich diese durch die Atmung an, beeinflusse ich gleichzeitig meinen Herzschlag und meine Schweißproduktion. So kann man mit der Atmung einen enormen Einfluss auf die Gesundheit und das Wohlbefinden nehmen.“
Aufgrund der Vielzahl an Effekten, die man durch die Wim-Hof-Atmung in seinem Körper freisetzt, empfiehlt der Experte, sich zunächst im geführten Rahmen an die Breathwork heranzutasten. Entsprechende Workshops werden deutschlandweit angeboten.
Wim-Hof-Methode: Mit Eisbaden die Gesundheit fördern
Nicht umsonst definierte Wim Hof das Eisbaden als perfekte Ergänzung zur Breathwork, gerne auch direkt im Anschluss: „Nach dem Atmen spürt man, welche Kräfte in einem selbst schlummern. Die kann man beim Eisbaden rauslassen“, sagt Moritz Ross. Die Eisbäder in seinen Workshops haben – auch im Sommer – maximal fünf Grad Celsius. „Es bei diesen Temperaturen zwei Minuten im Wasser auszuhalten, erfordert eine Menge Willensstärke.“
Wer sich dazu überwindet, wird belohnt. Denn die Liste an Vorteilen des Eisbadens ist lang: „Wer regelmäßig unter 15 Grad badet, setzt wichtige biochemischen Prozesse in Gang: Beispielsweise werden vermehrt weiße Blutkörperchen produziert, die Krankheitserreger eliminieren und den Körper gesund halten. Ein Eisbad pro Woche hält diese Produktion aufrecht“, erklärt Moritz Ross. „Gleichzeitig werden wichtige Hormone wie Serotonin, Noradrenalin oder Dopamin ausgeschüttet, die dazu beitragen, dass wir glücklich, ausgeglichen und energetisch sind. Fehlen diese Hormone, kommt es zur Antriebslosigkeit bishin zur Depression.“ Auch steige durch das Eisbaden die Zahl der Anti-Entzündungs-Botenstoffe: „In Studien konnte nachgewiesen werden, dass sie nach dem Eisbad bis zu 200 Prozent höher sind als im Normalzustand. Das erklärt auch, warum Hochleistungssportler nach einem Spiel in die Eistonne gehen. “ Ein weiterer netter Nebeneffekt sei das Ankurbeln der Fettverbrennung, so der Experte weiter, da es weißes Fett in braunes umwandelt.
Wim-Hof-Methode: So geht Eisbaden richtig
Wie beim Breathwork auch, sollten Sie das Eisbaden auf keinen Fall auf eigene Faust umsetzen. Auch hier rät der Experte zur Teilnahme an Workshops. Ist man mit den körperlichen Reaktionen auf das Eisbad vertraut, sollte man ebenfalls immer mindestens zu zweit sein. „Die Kälte darf man nicht unterschätzen – sie bleibt immer gleich kalt, daran gewöhnt man sich nur schwer. Wichtig ist: Eisbaden ist kein Battle. Es geht zu keinem Zeitpunkt darum, wer es länger im Wasser aushält.“ Zwei Minuten seien hier als Maximum völlig ausreichend. „Danach sollte es nicht sofort in die heiße Sauna oder unter die heiße Dusche gehen. Um den Körper von innen wieder aufzuwärmen, sind fließende Tai-Chi-Bewegungen ideal, so bringt man die körpereigene Thermogenesis wieder in Schwung.“
Wer die Wim-Hof-Methode aus Atmung und Eisbaden in seinen Alltag integriert, merkt schnell erste Erfolge, sagt der Experte. „Ob Topmanager oder dreifacher Vater in Elternzeit oder beides: Jeder Mensch profitiert von den positiven Effekten der Wim-Hof-Methode, weil er lernt, in jeder Situation die Kontrolle über seinen Körper und über seinen Geist zu behalten.“
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