Eine Wiesn-Kellnerin erzählt: So ist das Arbeiten auf dem Oktoberfest wirklich
Frau Blank, Sie stemmen bis zu zehn Maßkrüge – und das immer wieder, 16 Tage lang von morgens bis Zeltschluss. Wie bereitet man sich darauf vor?
Ich bin das ganze Jahr über viel auf den Beinen. Aber damit ich mich an die Haltung der Arme und das Gewicht der Maßkrüge gewöhne, laufe ich ab August mit zwei 10-Kilo-Hanteln durch die Wohnung. 20 Kilo sind in etwa so schwer wie zehn Maßkrüge – und das ist ohnehin mein Maximum. Für sechs Krüge in einer Hand sind meine Finger zu kurz (lacht).
Das Oktoberfest 2024 ist Ihre dritte Wiesn als Bedienung. Mit welchem Gefühl geht man in den ersten Festtag?
Mit einer Riesenvorfreude. Auch wenn ich davor immer Bammel habe und aufgeregt bin, ob ich die anstrengenden Wochen durchhalte. Bei uns bedient man in Zweier-Teams sechs Tische. An einem gut besuchten Tag trage ich schon an die 300 Maß.
Was ist das Anstrengendste daran?
Der Schlafmangel. Man kann nicht sofort schlafen gehen, wenn man Feierabend hat, weil man noch so aufgedreht ist. Ich treffe mich also oft noch auf ein, zwei Bier und komme entsprechend noch später ins Bett, bevor es morgens um neun Uhr wieder weitergeht. Der Schlafmangel macht dich echt zu einer Person, die du sonst nicht bist. Irgendwann zicken sich alle nur noch an (lacht). Spätestens nach dem zweiten Wochenende hat man auch so steife Finger, dass man morgens denkt, man hätte Arthrose. Aber wenn man ein paar Runden mit Bier gelaufen ist, sind die wieder ganz geschmeidig.
Klingt ganz schön übel.
Aber es ist etwas unfassbar Schönes. Man lebt in einer Bubble, wird zur Familie und ist am Ende einfach nur stolz, dass man ein kleiner Teil vom größten Volksfest der Welt war.
Es kommen Gäste aus allen Teilen der Welt. Welche sind Ihnen am liebsten?
Die, die Spaß haben und nett sind. Bei denen man auch mal stehen bleibt, mitsingt, vielleicht mal kurz einen Disco-Fox tanzt und Trinkgeld bekommt, weil’s ihnen so gefällt.
Gibt’s Gäste, die kein Trinkgeld geben?
Ja, Franzosen. Viele von ihnen lassen sich alles auf den Cent rausgeben. Aber normalerweise sind es schon ein, zwei Euro pro Maß.
Wie viel verdient man insgesamt als Wiesn-Bedienung?
Es kommt darauf an, ob man im Biergarten, in einer Box oder im Mittelschiff bedient. Da verdient man unterschiedlich, weil man überall andere Gäste hat. Aber zwischen 8000 und 10.000 Euro hat man schon.
Wie gehen Sie mit betrunkenen Gästen um?
Bei uns im Augustiner ist es relativ entspannt, weil die Stimmung gediegener ist. Zu uns kommt man für das Bier und nicht für die Party. Aber klar, besoffene Touristen, die am Tisch einschlafen oder denen man ansieht, dass gleich das „Speiberli“ kommt, haben wir auch immer wieder. Zu denen sage ich, dass sie bitte aufstehen sollen oder es selber wegmachen müssen.
Und die hören dann auch darauf?
Ja, es gibt immer einen am Tisch, der einsieht, dass sein Kollege zu viel hatte. Und wenn es mal eine Reiberei im Gang gibt, ist die Security schnell da. Die greifen auch sofort ein, sobald jemand angegrapscht wird. Grapscher fliegen sofort raus.
Darf man auf Sie zukommen, wenn das Bier nicht voll eingeschenkt ist?
Unbedingt! Man kann auch selbst an die Schänke gehen und ums Nachschenken bitten, wenn die Bedienung zu schnell wieder weg ist. Abtrinken sollte man aber nicht, das sehen die Schankkellner.
Haben Sie einen Tipp, wie man spontan und ohne Reservierung noch in ein Zelt kommt?
Am besten unter der Woche, auch donnerstags kommt man eigentlich noch gut rein. Und wer samstags auf die Wiesn will, sollte gleich vormittags da sein und unbedingt auf die Reserviert-Schilder achten. Sonst muss man nachmittags wieder aufstehen.