Ein sturztrunkener Martin Sheen, der halbnackt sein Hotelzimmer verwüstet, Richard Wagners Walkürenritt und der „Duft von Napalm am Morgen“ – es sind Szenen wie diese, die Coppolas filmisches Meisterwerk „Apokalypse now“ für immer in die Annalen der Kinogeschichte gebracht hat. Und schon in der ersten Szene, in der ein Jim Morrison sein in der Tat apokalyptisch anmutendes „This is the end“ über den brennenden Dschungel haucht, weiß man, dass die cineastische Aufarbeitung dieses großen amerikanischen Desasters dem Regisseur nur zu Recht die Goldenen Palme, zwei Oscars und drei Golden Globes einbrachte.
Unter den vielen unauslöschlichen Szenen des Films befindet sich eine fünfminütige Sequenz, die möglicherweise von tatsächlichen Ereignissen inspiriert ist, in denen Playmates anlässlich einer USO-Show für die Soldaten tanzen sollen – oder es versuchen.
Unter dem sonoren Donner von Rotorblättern taucht ein mit dem Playboy-Hasen bemalter Helikopter aus dem Nachthimmel herab, während Hunderte von G.I.s voller Euphorie den „Bird“ mit ihrer kostbaren Fracht entgegenjubeln. Denn an Bord befinden sich die beiden realen Playmates Cyndi Wood (Playmate des Jahres 1974) und Linda Carpenter (August 1976), sowie Schauspielern Colleen Camp. Letztere spielte eine fiktive Playmate, war aber in der Oktober-Ausgabe 1979 ebenfalls im Playboy zu sehen.
Auf der grell beleuchteten Bühne bewegen sich die drei Playmates lasziv zu „Suzie Q“ hin und her, die Menge tobt und versucht die Bühne zu stürmen. Am Ende müssen die Playmates mit dem Helikopter evakuiert werden. Wie der gesamte Film fängt diese Szene auf brillante Weise einen beängstigenden Aspekt ein: die Bedrohung von Männern, die zu Extremen getrieben werden.
In diesem Jahr wird Coppola „Apocalypse Now: Final Cut“, eine seiner Meinung nach „endgültige Version“ des Kino-Klassikers veröffentlichen. Diese beinhaltet natürlich auch die legendäre USO-Szene in voller Länge. Anlässlich des 40-jährigen Jubiläums der Originalveröffentlichung präsentieren wir Ihnen die nie zuvor erzählte mündliche Geschichte der Entstehung der Playmate-Szenen im Zusammenhang mit den Beteiligten und in ihren eigenen Worten.
Cyndi Wood, Schauspielerin und Playmate des Jahres 1974:
„Jedes Mal, wenn unsere Szene gedreht werden sollte, passierte etwas völlig Unvorhergesehenes. An dem Tag, an dem ich ankam, erlitt Martin Sheen auf einer Reise einen Herzinfarkt und man stellte die Produktion für sechs Wochen ein. Ein anderes Mal kam ich gerade rechtzeitig zum wahrscheinlich größten Taifun des Jahrzehnts. Plötzlich rannten alle am Set panisch durch die Gegend und riefen ‚In Deckung! Geht in Deckung!‘ Und dann traf uns der Taifun mit voller Wucht.
Wir suchten mit der Crew Schutz in einem verlassenen Gebäude im Dschungel, weit weg vom Set. Es gab keine Kommunikationsmöglichkeit, keine Telefone. Es war so laut. Stellen Sie sich das vor: Hier sitze ich nun mit 25 jungen Jahren im Dschungel fest, umringt von all diesen erwachsenen Männern, die in Todesangst um ihr Leben bangen.“
„Als die Soldaten auf die Bühne zu rannten, wusste ich nicht so recht wie ich weitermachen sollte. Die Szene wirkte sehr spontan. Francis tat dies mit Absicht. Er wollte, dass wir uns dadurch natürlich verhielten und nicht anfingen zu schauspielern. Er war wirklich ein bemerkenswerter Regisseur.“
Colleen Camp, Schauspielerin: "Irgendwann bin ich dann auf der Bühne einfach zusammengeklappt"
„Als die G.I.s anfingen, die Bühne zu stürmen, bekam ich ein mulmiges Gefühl. Es ging dann aber alles sehr schnell und lief professionell ab. Wir befanden uns nie in wirklicher Gefahr – außer, dass Rotoblätter von Helikoptern extrem gefährlich sind.“
„Manchmal waren wir 16 Stunden am Set und mussten die Szene immer und immer wieder von neuem drehen. Das Filmteam wollte verschiedene Perspektiven, dann wieder Nahaufnahmen vom Publikum und so weiter. Irgendwann bin ich dann auf der Bühne einfach zusammengeklappt. Ich war wirklich noch nie so erschöpft gewesen. Sie brachten mir zu einem Sanitäter der mir ein paar Spritzen gab. Das war alles andere als angenehm.“
„Es war teilweise auch gefährlich, weil wir wegen den Rotorblättern der Helikopter ziemlich aufpassen mussten. Die Piloten waren schließlich alle noch sehr jung, 18 oder 19 Jahre alt.“
Nancy Moran, Fotografin am Set von "Apocalpyse Now":
“Es war eine lange Nacht, und ich erinnere mich, wie erstaunt ich danach darüber war, wie sie das alles auf einmal geschafft hatten. Es war so unglaublich aufwändig, aber es war eine sehr lustige Szene: Ein Boot fährt flussabwärts durch den vietnamesischen Dschungel und plötzlichen tauchen wie aus dem Nichts diese Playmates auf. Was für eine wunderbare, surreale Szene."
„Colleen hatte einen tollen Sinn für Humor am Set. Und Cyndi war die Einzige, die tanzen konnte. Aber genau das machte den albernen Charme der ganzen Sache aus, denke ich. Die Jungs sollten richtig durchdrehen und auf die Bühne springen. Doch wie viel Kontrolle kann über hunderte von wildgewordenen Männern am Ende wirklich haben? Wenn ich Colleen oder Cyndi oder Linda gewesen wäre, ich hätte beim Anblick dieser Männerhorde wirklich Angst bekommen.“
Francis Ford Coppola:
“Wirklich jeder versuchte uns Steine in den Weg zu legen – besonders das Verteidigungsministerium. Auch Playboy hätten uns locker verbieten können, ihr Logo für die USO-Szene zu benutzen, schließlich war es ja auch ihr Logo. Doch sie ließen uns einfach machen und dafür war ich ihnen immer sehr dankbar.“
“Da ich diese drei Playmates am Set hatte und sie alle individuell talentiert waren und ihre eigenen Geschichten hatten, drehte ich drei zusätzliche Sequenzen - die jetzt in der #MeToo-Bewegung extrem schlecht wahrgenommern würden - in der Bill Graham das Mädchen sozusagen gegen Benzin eintauscht. Dies würde im heutigen politischen Klima gar nicht gut ankommen.
Der Punkt, den ich jedoch anstrebte, war, dass der Missbrauch, einen 17-jährigen Jungen nach Vietnam zu schicken, um Menschen mit Napalm zu töten, so unmoralisch ist wie das, was diesen jungen, schönen Mädchen mit 17 Jahren angetan wird. Das war eine Art Metapher für den Missbrauch an den jungen Männern in unserer sogenannten Zivilisation.“
Die wahre Geschichte des US-Playmate Besuchs in Vietnam
Die berühmte USO-Szene in "Apocalypse Now" wurde von der tatsächlichen Reise der Playmate Jo Collins 'inspiriert, die 1966 nach Vietnam flog, um dort einem Offiziert der 173. Luftlandebrigade eine "Lifetime"-Abonnement zu überreichen. Die ganze Geschichte lesen Sie hier: GI JO - als eine Playmate in den Krieg zog
Elizabeth Norris, ehemalige Senior Director of Public Relations bei Playboy erinnert sich: "In den 1960er Jahren wurde ein lebenslanges Playboy-Abonnement immer persönlich von einer Playmate überreicht. 1965 bekam Hefner einen Brief von einem in Bien Hoa stationierten Leutnant der US-Army. Die Männer seiner Kompanie hatten die 150 Dollar aufgebracht, die damals ein Abonnement auf Lebenszeit kostete. Und natürlich wollten sie, dass das Abo von einer Playmate vorbeigebracht wird. Schließlich war das ja auch Teil des Deals. Die Wahl fiel auf Jo Collins, die Playmate des Jahres 1965."
Jo Collin, Dezember 1964 Playmate und Playmate des Jahres 1965: "Ich dachte, ich würde nach Europa gehen"
"Damals wusste ich nicht einmal, wo Vietnam überhaupt ist - ich dachte, ich würde nach Europa gehen. Ich hatte keine Ahnung. Niemals in einer Million Jahren hätte ich gedacht, dass es so werden würde, wie es war."
"Als ich 1966 nach Vietnam kam, befanden wir uns in Kampfgebieten, die sprichwörtlich dem Erdboden gleich gemacht wurden. Wir hätten jederzeit in die Luft gejagt werden können. Teilweise war das sehr beängstigend, aber irgendwie auch aufregend. Ich durfte damals sehr viele Truppen-Stützpunkte und Lazarette besuchen. Ich wünschte, ich hätte attraktive Outfits tragen können, wie die Miniröcke und Go-Go-Stiefel der Playmates im Film."
"In einem Feldhospital lag ein Mann, der gerade erst mit dem Helikopter eingeflogen war. Es hatte ihn wirklich schlimm erwischt. Ich wurde gebeten, zu ihm zu gehen. An seinem Bett sagte er dann 'Ich bin so froh, dass du hier bist, Sweetheart`, und mit diesen Worten starb er. Das werde ich nie vergessen - nie!"
Gary Cole, damaliger Bildchef bei Playboy: "Die Leute dachten: Der Playboy schickt Playmates nach Vietnam"
"Wir hatten auch damals schon gewisse Reglements, die eingehalten werden mussten. Bevor eine Playmate eine Rolle in einem Film zusagen durfte, mussten wir vorher das Drehbuch und die damit verbundenen Szenen genehmigen. Die sollte sicherstellen, dass die Mädchen nicht in irgendwelchen Pornos oder Schundfilmen zu sehen sind. Als wir hörten, dass bei Apocalypse Now Francis Ford Coppola involviert ist, haben wir diese Regel kurzerhand übersprungen."
Irgendwie dachten die Leute Der Playboy schickt Playmates nach Vietnam, damit diese dann in Kampfzonen aus Helikopter springen und einen GoGo-Tanz aufführen. Das stimmt aber natürlich nicht. Jo Collins war die enizige Playmate, die jemals in Vietnam war und dort die Truppen besucht hat."