Neu im Kino: Mit „Beau is Afraid“ ist Joaquin Phoenix auf dem Weg zur nächsten Oscarnominierung

Oscarwürdig: Joaquin Phoenix im neuen Horrorfilm „Beau is Afraid“ von Ari Aster
Credit: Leonine

Wie? Warum? Was? Herzlich willkommen in der Welt von Ari Aster. Einem Regisseur, der mit „Hereditary“ und „Midsommar“ zwei Klassiker des modernen Horrorfilms geschaffen hat. Filme, die den Zuschauer gefangen nehmen und zutiefst verstört zurücklassen. „Beau is Afraid“, der ab heute im Kino läuft, hat den gleichen Effekt hoch 10. Und das sind ein paar Potenzen zu viel

Beau leidet. Vor allem unter seiner monströsen Mutter. Seinen Vater hat er nie kennengelernt, denn der ist im Moment der Zeugung gestorben. Nun ist Beau erwachsen und lebt in einer höllischen Nachbarschaft. Halbverweste Leichen liegen auf der Straße, ein nackter Messermörder treibt sein Unwesen, die Polizei schaut tatenlos zu. Oben in Beaus Wohnung krabbelt eine Giftspinne über den Boden, der Nachbar spielt dröhnend laute Musik. Und dann verschläft Beau auch noch seinen Flug. Als er endlich zu seiner Mutter aufbricht, beginnt eine Odyssee, auf der er mit all seinen Ängsten konfrontiert wird.

Kinostart von „Beau is Afraid“: Geniestreich oder Katastrophe?

„Beau is Afraid“ fängt schräg an, wird absurd und dann grotesk. Ein dreistündiges (!) Delirium durch die Seelenhölle eines Mannes, genial (wie immer) von Joaquin Phoenix verkörpert. Zwischendurch irrt der Held durch Zeichentricksequenzen und schaut sich ein im Wald aufgeführtes Theaterstück über sein eigenes Leben an, während er von einem Ex-Soldaten gejagt wird. Klingt verrückt? Ist es auch. Von einem riesigen, bissigen Penis, der auf einem Dachboden haust, ganz zu schweigen. Als Zuschauer ist man hin- und hergerissen. Zwischen ein paar ausgesprochen lustigen Szenen fragt man sich immer wieder, ob man schlicht zu dumm für Asters Visionen ist. Statt sich also in halbgaren Interpretationen zu verstolpern, soll der Regisseur selbst erklären:

„Wenn Sie einen Zehnjährigen mit (dem Antidepressivum) Zoloft vollpumpen und ihn Ihre Lebensmittel einkaufen lassen, dann ist das wie dieser Film.“

Aha. Noch präziser ist Asters Antwort auf die Frage, worum es in „Beau is Afraid“ eigentlich geht: „I don’t know. His dad’s a dick.“

Selten war es so schwer, einen Film zu bewerten. „Beau is Afraid“ kann man hassen oder lieben oder beides. Das ist zuletzt Darren Aronofsky mit „Mother!“ gelungen. Ob die Geschichte vom paranoiden, angstzerfressenen Seelenkrüppel Geniestreich oder Katastrophe ist, muss jeder für sich selbst entscheiden.

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