„Lies-ein-Buch-Tag“: Von diesen 10 Autoren der Gegenwart sollten Sie Bücher gelesen haben
1. Martin Suter
Der Gentleman unter den europäischen Bestsellerautoren lebt in Zürich, und sein Output ist unglaublich: mehr als zwei Dutzend Romane und Erzählbände – allesamt Bestseller. Nebenbei macht er Musik, verfasst Theaterstücke, bestreitet Lesereisen. Sein Markenzeichen: Suter (*1948) verbindet Eleganz mit Leichtigkeit, Anspruch mit Unterhaltung. Seine Geschichten sind stets gut lesbar, oft spannend, manchmal skurril und charmant ironisch wie in der Reihe um den Snob, Millionär und Privatermittler Johann Friedrich von Allmen. Aktuell ist „Melody“, ein geheimnisvoller Nachlassroman.
2. Olga Tokarczuk
Vor noch wenigen Jahren kannten Olga Tokarczuk (*1962) nur Literaturnerds, heute ist sie weltberühmt. Die Literaturnobelpreisträgerin von 2019 studierte Psychologie in Warschau und lebt in Breslau. Stilistisch und inhaltlich ist sie kaum zu fassen – fantasievoll, bodenständig, verstörend, fast immer überraschend. Ihr aktueller Roman „Empusion“ trägt den Untertitel „Eine natur(un)heilkundliche Schauergeschichte“, und das trifft es gut. Zum Einstieg geeignet ist ihr Werk „Unrast“, eine Wundertüte voller Mythen, Notizen und Gedanken übers Reisen. Zum Schreiben zieht sich Tokarczuk in eine Berghütte an der polnisch-tschechischen Grenze zurück.
3. Haruki Murakami
Der spirituellste der weltweit gefeierten Schriftsteller erfindet Sätze wie Rauchzeichen: Sie schweben, drehen Kurven, zwingen zum Nachdenken. Egal, ob in seinen Klassikern „Naokos Lächeln“ und „Mister Aufziehvogel“ oder „Die Ermordung des Commendatore“: Haruki Murakami (*1949) kontrastiert die übernatürlichen Erlebnisse seiner Figuren mit realistischen Beschreibungen von Automarken, Mode und Musik. Zum Kennenlernen eignen sich seine Kurzgeschichtenbände wie „Erste Person Singular“ – aber Vorsicht: Auch hier bleibt der Meister oft mysteriös. Anfang des Jahres erschien sein neuer Roman: „Die Stadt und ihre ungewisse Mauer“ ist ein philosophischer Roman über verlorene Liebe und die Suche nach dem Selbst.
4. Colson Whitehead
Schießereien, Raub, Rassenunruhen, Korruption und Brandstiftungen – willkommen im Harlem der 1970er-Jahre, dem Ort der Handlungen von Whiteheads Romanen „Harlem Shuffle“ und „Die Regeln des Spiels“. Gangstern schaut Whitehead (*1969) ebenso auf die Finger wie Rassisten, und er dokumentiert deren Machenschaften mit Lässigkeit und Souveränität. Wer das Schwarze Amerika verstehen will, muss Whitehead lesen, der in „Underground Railroad“ in die Tiefen der Sklaverei hinabsteigt. Für so viel hochwertigen Realismus bekam er unter anderem den National Book Award und zweimal den Pulitzer-Preis. Aktuell erschien eine Neuübersetzung seines Debüt-Roman „Die Intuitistin“, den er vor 25 Jahren geschrieben hat.
5. T. C. Boyle
Von allen Schriftstellern, die schon seit rund 40 Jahren aktiv sind, schreibt niemand so gegenwärtig wie der US-Amerikaner. Sein aktueller Roman „Blue Skies“ etwa packt die Auswirkungen der Klimakrise in einen ebenso schrägen wie realistischen Plot. Boyle (*1948) blickt tief in die Abgründe seiner Figuren, fängt genüsslich ihr Scheitern ein, und doch spürt man keinerlei Zynismus. Seine pointierte Prosa behandelt große Themen (Umwelt, Drogen, Sex) oder beschreibt reale historische Persönlichkeiten, und sie unterhält auf höchstem Niveau. Lesenswerte Klassiker: „Grün ist die Hoffnung“, „América“, „Ein Freund der Erde“.
6. Juli Zeh
Sie polarisiert ganz bewusst. Dennoch oder deswegen verkauft sich jedes neue ihrer Bücher hunderttausendfach. Theater adaptieren ihre Stoffe, ihr Roman „Corpus Delicti“ ist Schullektüre. Juli Zeh (*1974) gilt als eine der besten Chronistinnen deutscher Gegenwart. In „Unterleuten“ und „Über Menschen“ taucht sie ins Zusammenleben der Bürger eines ostdeutschen Dorfes ein. So entstehen grandiose Gesellschaftsporträts, mit feiner Ironie erzählt. Die ehrenamtliche Richterin lebt auf dem Land in Brandenburg – fast so wie ihre Figur Theresa in „Zwischen Welten“, die sich über Großstadt-Wokeness aufregt.
7. Ferdinand von Schirach
Verbrechen, Schuld, Strafe. Der übliche Ablauf im Justizsystem und gleichzeitig die Titel der Kurzgeschichtenbände, die Ferdinand von Schirach (*1964) berühmt gemacht haben. Der ehemalige Strafverteidiger schreibt so reduziert und verdichtet über grausame Taten und juristische Abläufe, dass es einem den Atem raubt. Darüber hinaus ist er ein kluger Beobachter, der mit seinen Stücken „Terror“ und „Gott“ längst auch das Theater erobert hat. In seinen letzten Büchern „Kaffee und Zigaretten“, „Nachmittage“ und „Regen“ erzählt er zunehmend persönlich, zum Beispiel von Begegnungen im Schriftstelleralltag.
8. Simone Buchholz
Mit Krimipreisen und Kritikerlob wird sie überschüttet, warum also ist sie der breiten Masse der Lesenden noch nicht bekannt? Ein Rätsel. Schließlich hat Simone Buchholz (*1972) eine der besten Figuren des Genres erfunden: Die Hamburger Staatsanwältin Chastity Riley trinkt und raucht zu viel und schläft zu wenig. In den Kneipen und Bars von St. Pauli kennt sie sich besser aus als in Gerichtssälen, und die daraus resultierenden Tresengespräche protokolliert Buchholz brillant. Alle sieben Bände der Reihe sind vollgepackt mit schnoddriger Großstadtmelancholie, einem scharfen Blick auf die Gesellschaft und dunklem Lokalpatriotismus. Am 14. Oktober gibt's Nachschub von Simone Buchholz: Dann erscheint ihr neuer Roman „Nach uns der Himmel“.
9. Margaret Atwood
Seit der Streaming-Serie „Der Report der Magd“ („The Handmaid’s Tale“) ist die Grande Dame der kanadischen Literatur (*1939) auch jüngeren Generationen ein Begriff. Atwoods bekanntester Roman erscheint heute als moderne Dystopie – fast 40 Jahre nach Veröffentlichung. Doch die aus Ottawa stammende Schriftstellerin begeistert auch mit Essays, Short Storys, Kinderbüchern sowie einem Dutzend weiterer Romane. Aktuell: „Hier kommen wir nicht lebend raus“, ihr erster Kurzgeschichten-Band seit zehn Jahren.
10. Wolf Haas
Bevor 1996 der erste Brenner-Roman „Auferstehung der Toten“ erschien, ahnte niemand, dass man so schreiben kann: saukomisch, trocken, philosophisch. Und: in österreichischer Mundart, grammatikalisch inkorrekt. Wolf Haas (*1960) hat sich als Wortkünstler etabliert, und die Verfilmungen der Abenteuer seines Privatdetektivs Simon Brenner mit Josef Hader haben Kultstatus. Doch er kann noch viel mehr: In Romanen wie „Verteidigung der Missionarsstellung“ geht er über die Grenzen der Belletristik hinaus. Aktuell erzählt er in „Eigentum“ in grimmig-witzigem Ton von seiner Mutter.
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