Jilou, in Paris treten ab dem 9. August jeweils 16 B-Girls und B-Boys in Battles genannten 1-gegen-1-Duellen an. Die Jury wertet die Art der Moves, Technik, Ausführung, Musikalität und Originalität. Warum sollte sich jemand, der Breaking noch nicht kennt, die Battles bei Olympia unbedingt ansehen?
Ich denke, Breaking bringt einen komplett neuen Ansatz, Sport zu betrachten. Es geht bei uns viel darum, seinen eigenen Style zu zeigen. Das Publikum mitzureißen ist für uns total wichtig, weshalb man davon ausgehen kann, große Emotionen und Entertainment zu sehen. Es sind auch viele Breaker in der Entertainment Industry aktiv und haben Bühnenerfahrung.
Worauf freuen Sie sich selbst am meisten?
Ich freue mich vor allem darauf, zu sehen, wie Breaking angenommen wird, und auf den Aufschwung, den wir nach den Olympischen Spielen erwarten können. Außerdem gibt es ein paar Tänzer, die wir jetzt schon einige Zeit nicht mehr in einer großen Competition gesehen haben, wie beispielsweise Sunny aus den USA oder 671 aus China. Ich bin mir ziemlich sicher, dass sie die letzten Monate ziemlich hart trainiert haben und bin gespannt, wie sie sich entwickelt haben.
Wie kamen Sie selbst zum Breaking?
Durch meine Mutter. Sie sah 2006 den Breaking-„Battle of the Year“ und meinte, das wäre was für mich. Ich war sofort Feuer und Flamme. Mit sechs hatte ich das Kunstturnen angefangen, mit zehn folgte Zirkusartistik. Aber Breaking, das ich mit 13 begann, toppte dann alles.
Können Sie inzwischen vom Breaking leben?
Ja, das geht. Ich habe Nike und Samsung als Sponsoren, dazu erhalte ich finanzielle Unterstützung von der Deutschen Sporthilfe. Vom Verband bekomme ich ein kleines Budget für Trainingscamps. Und meine Trainerin Fatima Yazici macht vieles ehrenamtlich, das rechne ich ihr hoch an. Die Sportförderung in Deutschland ist generell aber miserabel, besonders für uns Frauen ist sie ausbaufähig. Das Marketing müssen wir zum Beispiel selbst übernehmen. Wobei ich seit letztem Oktober auch ein Management habe, „24passion“.
Vergleichen Sie sich auch mit den B-Boys?
Wenn wir Frauen immer bestrebt sind, das zu schaffen, was Männer schaffen, dann laufen wir nur hinterher. Ich will meinen eigenen Weg finden. Ich erwarte aber, dass ich die gleichen Möglichkeiten bekomme wie die Männer.
Sie haben mal gesagt, Tanzen schenkt Ihnen Freiheit. Was genau meinen Sie damit?
Das jahrelange Training gibt mir Sicherheit, dass ich mich gut bewegen kann und ein tolles Selbstbewusstsein. Tanzen kann ich außerdem überall, auch allein, und ich kann reisen, weil die Wettkämpfe weltweit stattfinden.
Jilou über Breaking bei Olympia 2024: „Wir verkaufen ein Lebensgefühl, einen Lifestyle und Spaß“
Finden Sie Breaking selbst „cool“?
Klar! Wir verkaufen ein Lebensgefühl, einen Lifestyle und Spaß. Außerdem sind wir gut im Vermarkten. Die meisten kommen nicht aus privilegierten Verhältnissen, mussten sich früh selbst finanzieren und setzen jetzt alles daran, mit Breaking bekannt zu werden, um Sponsoren anzuziehen. Wenn du das mit dem Sport kannst, ist das doch toll – und cool!
Welche Rolle spielt das Alter?
Man sammelt zunehmend Erfahrungen, wird selbstbewusster. Noch bin ich an dem Punkt, wo ich sie alle schlagen kann. Pauline Nettesheim, die dieses Jahr bei der Deutschen Meisterschaft vor mir den zweiten Platz belegte, ist so alt wie ich. Sie wurde allerdings von Melina Fernandez geschlagen, und die ist mit ihren 15 Jahren schon irre gut.
Was macht Ihre Szene aus?
Respekt und ein krasses Community-Denken, weil wir alle ein Ziel verfolgen: Spaß am Breaking. Und die Kleinen trainieren mit den Großen. Im olympischen Bereich ist es natürlich etwas anders, da kommt der Druck dazu, abliefern zu müssen und über Limits zu gehen. Vielleicht ist der Konkurrenzgedanke da auch etwas ausgeprägter. Eine Crew, also die Gruppe, mit der man zu Events reist, ist aber wie eine Familie für einen. Ich liebe sie!
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